Volltext: EINTRACHT (1993) (Staatsfeiertag)

'EINTRACHT STAATSFEIERTAG 
1993 LEITARTIKEL Vieles ist heute im Umbruch. Am 8. 9. 1978 schrieb wohl des- halb Kanonikus Joh. Tschuor im «In Christo»: «Wir sind in Liechtenstein nicht mehr bedroht durch einen äusseren Feind, sondern von Mächten, die den Glauben der Liechtensteiner innerlich aushöhlen. Viele gibt es, die heute glauben, dass der finanzi- elle Wohlstand die Höhe des Glücks bedeute. Das ist falsch. Es gibt einen anderen Wohlstand für das Glück eines Volkes, der dann wirklich Hochstand ist, und das ist der geistige und sittliche Wohl- stand. Ein Volk ist nicht wirklich gross, bloss weil es reich ist an ma- teriellen Gütern, sondern reich an geistigen und sittlichen.» Die Zugänge zu diesen Gütern sind uns Liechtensteinern aber vielfach verschüttet durch Lärm, Hast und ein kurzatmiges Zweck- und Wohl- standsdenken. Unserer pausenlos umgetriebenen Generation ist die Ruhe abhanden gekommen, nicht die äussere, negativ als Abwesen- heit von Lärm verstandene, die auch gähnende Leere sein kann, nein, die innere, der Stille verwand- te. Sie hat verlernt, Kraft zu schöp- fen, im Sinnen, im Nachsinnen und Besinnen, das sich auf das Wesen, den Tragpfeiler, den Halt richtet, auf das, was Gewesenes mit Kom- mendem im Jetzt verknotet, kurz auf das, was sich im Wandel als Be- ständiges erhält und dem Ganzen erst Sinn und Richtung gibt. Kraft schöpfen aus stiller Einkehr und in- nerer Sammlung kann freilich nur, wer sich aus der lauten Betriebsam- keit 
löst.Auch 
Volk und Staat müssen Einkehr halten. Wie der Einzelne, um wieder fest Stand zu fassen, der Einkehr bei sich selbst und der Sammlung be- darf, so brauchen auch Volk und Staat Gelegenheiten, sich zu besin- nen auf die Klammern, die sie zu- sammenhalten, auf die sprudelnden Quellen, die sie nähren und auf die geschichtsträchtigen Kräfte, die sie in Bewegung halten und formen. Darum kennt jede menschliche Ge- meinschaft die vom Alltag abgeho- bene Feier. Drängt sich im Gesche- hen von Tag zu Tag das Unterschei- dende und Trennende vor, so hat sie den Sinn, von Zeit zu Zeit das Gemeinsame und Verbindende dem drohenden Vergessen zu ent- reissen. Und herrscht im gewohn- ten Tagewerk die Sorge für heute und das Programm von morgen vor, so lässt uns die Feier auch das Her- kommen und das generationen- übergreifende Wirken der Staats- idee innewerden. Darum feiern wir Liechtensteiner auch am 15. Au- gust, am «Üsa-Lieb-Frauatag» und Staatsfeiertag, den Tag der Heimat. «Heimat ist das Währende im ständigen Wandel der 
Zeit.» Wo Liebe ist, ist Heimat. Das wichtigste Beziehungsverhält- nis, welches Heimat schafft, ist die Liebe. Zahllos sind die Stellen in der Weltliteratur, die das belegen. - «Die Welt ist leer, wenn man nur Berge, Flüsse und Städte darin denkt, aber hie und da jemand zu wissen, der mit uns übereinstimmt, mit dem wir auch stillschweigend fortleben, das macht uns dieses Er- denrund zu einem bewohnten Gar- ten», steht im «Wilhelm 
Meister». Überzeugtes Bekenntnis zu unserem Staat Aus der Glorifizierung unseres Va- terlandes, der Monarchie, die wir Älteren noch aus Elternhaus, Schule und Gesellschaft kennen, haben wir uns gelöst und ein freies, offe- nes Verhältnis zur Monarchie undzu 
unserer mit Schönheit gesegne- ten und mit Reichtum bedachten Heimat gefunden. Es ist ein über- zeugtes Bekenntnis zu unserem Staat, der sich in der Völkergemein- schaft sehen lassen darf. So hat es wohl auch Schiller mit seiner Mah- nung (Attinghausen im «Wilhelm Teil») gemeint: «Ans Vaterland, ans teure, schliess' dich an, das halte fest mit deinem ganzen Herzen. Hier sind die starken Wurzeln dei- ner Kraft.» «Ich bin ein römischer Bürger», das war der alten Römer stolzestes Wort. «Ich bin ein Liechtensteiner», das wollen wir mit Stolz und Freu- de bekennen, aber zugleich nach den Worten Gottfried Kellers han- deln: «Achte jeden Mannes Vater- land, das Deine aber liebe». Zum Vaterland gehört das Festefei- ern. Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich deshalb einen fröhli- chen Staatsfeiertag. Adulf Peter Goop Obmann der Liechtensteinischen Trachtenvereinigung «Patriotismus ist kein kurzer tobender Gefühlsausbruch, sondern eine ruhige, dauerhafte und lebenslange Zuneigung.» Adlay Stevenson
	        

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