Volltext: EINTRACHT (1992) (Advent)

EINTRACHT ADVENT 
1992 UNSER GAST Fürstlicher Sanitätsrat Dr. Rudolf Rheinber- ger, 
Vaduz Zwietracht Nur noch wenige alte Vaduzer wer- den sich erinnern, dass einst am al- ten Schlossweg östlich des Roten Hauses ein «Kappele» stand. Man Hess es zerfallen - niemand wusste mehr, wann und aus welchem An- lass es erbaut worden war und an was es erinnern sollte. Die Sage, dass es an der Stelle erbaut wurde, an der einst ein Brudermord geschah, kennt kaum mehr jemand. Ich bin ihr nachgegangen. Otto Seger erwähnt sie kurz und in einer etwas anderen als der mir bekann- ten Version in seinem schönen Sagenbuch. Walter Ospelt verweist darauf in seiner wertvollen Arbeit über «Kappili» in Liechtenstein im Jahrbuch des Historischen Vereins 1968. An der Nordseite des Turmes des Roten Hauses in Vaduz befin- det sich ein in den letzten Jahren aufgefrischtes Fresko von Egon Rheinberger, das den Brudermord darstellt. Wenn ich aus meiner Erinnerung an früher gehörte Erzählungen die Geschehnisse schildern soll, so stellen sie sich folgendermassen dar: Im frühen 16. Jahrhundert waren das Rote Haus und mehrere Häuser der Nachbarschaft samt Weinbergen im Besitze der Familie Litscher, die es von der ausgestor- benen Familie Vaistli geerbt hatte. Eines Tages bekamen die beiden dort nebeneinander wohnenden Brüder Litscher miteinander Streit, weil die Hühner des einen sich im- mer im Garten des anderen tum- melten und dort Unordnung mach- ten. Dabei geriet der eine so in Zorn, dass er den anderen auf der Stelle erschlug. Doch kaum, dass ersich 
der Tat richtig bewusst gewor- den war, ergriff ihn die Angst, und er floh bis an den Rhein, setzte über, rannte weiter nach Grabs, dann ins Toggenburg, bis er schliesslich völlig erschöpft in St.Johann ankam und dort in der Klosterkirche der Benediktiner Asyl fand. So war er zunächst der weltlichen Gerichtsbarkeit entron- nen. Die Sage erzählt dann weiter, dass Josef Litscher dem Abt von St. Johann seine ganzen Güter in Vaduz - das Rote Haus mitsamt den umgebenden Weinbergen - versprochen habe, wenn er ihm die weitere Flucht ermögliche. Es gelang Litscher dann die Flucht ins Ausland, von wo er nie mehr zurückkehrte. Diese Sage zeigt uns die Folgen der Zwietracht: Brudermord und Ver- lust der Heimat; sie will uns damit auch das hohe Gut der Eintracht eindrücklich vor Augen führen. PS: Die Sage hat einen geschicht- lichen Kern. Es ist urkundlich nach- gewiesen, dass das Kloster St. Jo- hann im Thurtal im Jahre 1525 von Josef Litscher, welcher ein Erbe der ausgestorbenen Vaistli war, das Rote Haus samt Torkel und den dazugehörenden Gütern kaufte. Josef Litscher ist im gleichen Jahr ausgewandert.Die 
Urkunde, die am St.-Martins- Abend 1525 ausgestellt ist, wurde von Joh. Bapt. Büchel im Jahrbuch des Historischen Vereins, Band 18, Seite 52/53, 
publiziert. BRAUCHTUM Martini Heiliger Martin Der Gedenktag des heiligen Martin von Tours (gest. 397) am 11. No- vember, der als Soldat am Stadttor von Amiens mit einem Armen den Mantel geteilt haben soll, hat noch einige Strahlen seines einstigen Glanzes als Schutzfest des Ernte- dankes und der Wintersonnenwen- de und als Zinstermin bewahrt. Der heilige Martin war einer der gros- sen Heiligen nördlich der Alpen. Darum wurde sein Gedenken als ein hoher Festtag mit Lichterprozes- sion begangen. Der heilige Martin ist auch der Schutzpatron der Pfarr- kirchen in Eschen und Ruggell. Fresko am Roten Haus in Vaduz von Egon RheinbergerDie 
Eintracht baut ein Haus Wenn man die Sprichwörter- lexika und das Deutsche Wör- terbuch von Jakob Grimm und Wilhelm Grimm konsultiert, so erfährt man u. a. folgendes über Eintracht: - Die Eintracht baut ein Haus, die Zwietracht reisst es nieder. - Eintracht trägt ein (ist einträg- lich). - Eintracht hat grosse Macht. - Eintracht das kleine mehrt, Zwispalt das grosse verheert. - Eintrechtigkeit ist der Stätte sterckheit. - Eintracht unter Nachbarn ist Vorspann den Berg hinauf. - Eintracht von Stroh ist besser als goldener Zank und Zwist. - Durch Eintracht wächst das kleinste Ding, durch Zwie- tracht wird das grösste gering. - Wo Eintracht den Tisch deckt, sitzt der liebe Gott mit zu Gaste.
	        

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