Peter Kaiser und Wilhelm Beck
soziale Volkspartei, die ihrem Programm ein Zitat von Peter Kaiser
voranstellte.” Im Dezember 1918 erfolgte die formelle Gründung der
Fortschrittlichen Bürgerpartei, deren Gesinnungsfreunde sich schon seit
Februar im Hinblick auf die März-Landtagswahl von 1918 getroffen
hatten.®® Das Liechtensteiner Volksblatt stellte sich an die Seite der Bür-
gerpartei, weil beide gleiche Ziele verfolgten und der Redaktor des
Volksblattes, Eugen Nipp, früh ein Hauptgegner Wilhelm Becks war.
Wenig später gab es im Fürstenhaus Vorschläge, eine «sehr diskrete
finanzielle Unterstützung der Bürgerpartei resp. des L. Volksblattes —
direct von Hand zu Hand» in die Wege zu leiten.®
Zwischen der Volkspartei und der Bürgerpartei gab es keine grund-
legenden weltanschaulichen Unterschiede.” Die Volkspartei stand sozia-
len Anliegen und demokratischen Ideen näher. Sie wollte rasch substan-
zielle Änderungen, vor allem die Mitwirkung des Volkes, was im bekann-
ten Schlagwort «Liechtenstein den Liechtensteinern» deutlich wird. Die
Bürgerpartei stand diesen Anliegen an sich nicht entgegen, war aber
zurückhaltender und wollte Veränderungen langsam und im Einverneh-
men mit der Obrigkeit vornehmen. Das Volksblatt räumte ein, dass
Unzufriedenheit zu Kritik an «den leitenden Persönlichkeiten» geführt
habe, fürchtete aber eine «Abart von zersetzendem Liberalismus», der in
«die Stube der Gemeinde- und Landesbehörden eingedrungen» sei und
die «Autorität der weltlichen und geistlichen Behörden» untergrabe.”!
Für Wilhelm Beck aber ging ein «demokratischer Zug durch die
Welt».”? Die Volkspartei-Abgeordneten beantragten im Oktober 1918
die «Einführung einer parlamentarischen (Volksmit-)Regierung», die
«im Einvernehmen mit der Mehrheit des Landtages» zu führen sei.”” Der
67 Das Parteiprogramm ist gedruckt zu finden in: Vaterländische Union (Hrsg.),
Schlossabmachungen, S. 146-156. Das erwähnte Zitat Kaisers lautet: «Recht und
Gnade sind erhabene Gegenstände; aber sie scheinen einander zu fliehen; denn wo
das Recht ist, will es keine Gnade dulden und wo die Gnade waltet, da ist das Recht
verwirkt», siehe S. 148.
68 Quaderer-Vogt, Bewegte Zeiten, Bd. 2, S. 55-56.
69 SL-HA, Schachtel 222, Schreiben Prinz Alois von Liechtenstein an Karl von Liech-
tenstein, Zürich, 7. Juli 1920.
70 Quaderer-Vogt, Bewegte Zeiten, Bd. 2, S. 68-70.
71 Ebenda, S. 51.
72 Ebenda, S. 72.
73 Ebenda, S. 72-73.
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