Hans Stricker
wann heikel. Auch das Projekt «Liechtensteiner Namenbuch» musste
dies nach und nach erfahren. Der besondere Charakter der Rufnamen
führte in der Tat dazu, dass das Forschungsunternehmen beinahe zu
einem Politikum wurde, um das eine Zeitlang teils heftige Diskussionen
geführt wurden. Wie dies kam und wie die damit verbundenen Fragen
schliesslich gelöst wurden, sei nachfolgend dargestellt.
Eine Sammlung erregt Unwillen
Im vollen Umfang waren sich weder die Bearbeiter noch die Träger und
Auftraggeber des Projekts dieser Problematik bewusst, als die Sammel-
und Sichtungsarbeit auf diesem Feld aufgenommen wurde. Vielmehr
herrschte die Überzeugung vor, dass gerade der Werkteil Ruf- und Sipp-
schaftsnamen infolge seiner einzigartigen Volkstümlichkeit das eigentli-
che Herzstück des gesamten Unternehmens darstellen würde. Dass aber
der Plan, diese Namensammlung zu publizieren, auch Fragen aufwerfen
würde, war immerhin absehbar.!!
So gelangte die Projektleitung im Februar 2003 mit der Schilderung
der Problematik und mit der Bitte an die Regierung, sie möge mitteilen,
inwieweit sie das geltende Datenschutzgesetz tangiert sehe. In diesem
Schreiben wurde auf die Absicht der Autoren hingewiesen, jeder
Gemeindevorstehung die Liste der ihre Gemeinde betreffenden Ruf-
und Sippschaftsnamen zuzustellen und die Gemeindebehörden zu bit-
ten, diejenigen Einzelfälle zu bezeichnen, die in der Gemeinde als so
anstössig empfunden würden, dass von einer expliziten Darstellung im
Namenbuch abgesehen werden sollte. Erwähnt wurde auch der Um-
stand, dass im erstellten Namenkorpus bislang von jedem Ruf- und
11 Das zeigte sich schon im ersten Zwischenbericht an den Historischen Verein zum
ersten Halbjahr von 2003 (S. 4): «Personennamen, etwa Familien- und Taufname,
gehören zu den ganz persönlichen Dingen. Ruf- und Übernamen wiederum, die
dem Einzelnen ja ungefragt von der Dorfgemeinschaft zugeteilt werden, stellen
auch wieder so etwas wie ein öffentliches Gut dar. Was wiegt vor? Mit unserer
Arbeit, in der wir solche Namen in der Öffentlichkeit wissenschaftlich abhandeln
wollen, begeben wir uns, jedenfalls seit dem Inkrafttreten des Datenschutzgesetzes,
in ein Gebiet, wo wir uns über die Rechtslage vergewissern müssen.» (Privatarchiv
Hans Stricker).
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