Carlo Moos
Resultate
Von den Resultaten der UHK-Arbeit, die im Kommissionsbericht und
in Einzelstudien präsentiert wurden, war vieles in grossen Zügen eini-
germassen bekannt, so in der Flüchtlingsfrage oder bei den Rüstungsbe-
trieben. Der Neuigkeitswert ihrer Arbeit lag vor allem auf zwei Gebie-
ten, die bislang nicht oder nur rudimentär erforscht worden waren,
jenem der Domizilgesellschaften und jenem des Fürsten.”
Liechtenstein wurde von dem Moment an dank einem wirtschafts-
freundlichen Steuer- und Gesellschaftswesen für Kapitalien und Vermö-
genswerte aus dem Ausland attraktiv, als das Deutsche Reich im Zuge
der Weltwirtschaftskrise unter Reichskanzler Brüning zur Devisen-
zwangswirtschaft überging. Waren ursprünglich vor allem Steuerflücht-
linge an liechtensteinischen Gesellschaften interessiert, so waren es nach
der Machtergreifung der Nationalsozialisten und den sukzessive bis zur
Todesstrafe verschärften Devisenbestimmungen vor allem jüdische
Opfer der NS-Verfolgung, die das Fürstentum weniger als Fluchtdesti-
nation benützten, als dass sie aus dem Reich herausgeschaffte Vermö-
genswerte dem Zugriff des NS-Systems zu entziehen versuchten. Darin
waren sie meistens nicht erfolgreich, aber vielen gelang es, mit Hilfe
eines liechtensteinischen Bürgerrechts wenigstens ıhr Leben zu retten,
weil es die Einreise in ein sichereres Land erleichtern konnte.
Bei Transaktionen zugunsten des Dritten Reichs oder regimenaher
Personen sowie für den Handel mit Wertpapieren unsicherer Prove-
nienz, die möglicherweise in den besetzten Gebieten geraubt worden
waren, wurden ın einigen Fällen liechtensteinische Gesellschaften von
Schweizer Intermediären oder Banken benützt, um solche Geschäfte zu
tarnen oder Besitzverhältnisse zu verschleiern und der Aufnahme in
schwarze Listen der Alliierten zu entgehen. So konnten liechtensteini-
sche Gesellschaften unter Umständen für Transaktionen benützt wer-
den, die den Schweizer Instituten zu riskant erschienen. In Anbetracht
der engen wirtschaftlichen Verflechtung mit der Schweiz ist es deshalb
angebracht, das Fürstentum als verlängerten Arm des schweizerischen
32 Siehe Geiger/Brunhart/ Bankier / Michman / Moos / Weinzierl, Schlussbericht;
Lussy/ Lopez, Liechtensteinische Finanzbeziehungen.
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