Volltext: Geschichte erforschen - Geschichte vermitteln

Die europäischen Christlichdemokraten 
sind die beiden liechtensteinischen Traditionsparteien, die Vaterländi- 
sche Union und die Fortschrittliche Biirgerpartei, im weiteren Sinne der 
christlichdemokratischen und — mit Einschrinkungen — der liberalen 
Parteifamilie Europas zuzuordnen. 
Bei der im europäischen Vergleich späten Gründung der ersten 
Parteiorganisationen ist das Schweizer Beispiel augenfällig. 1918 grün- 
dete Wilhelm Beck die Christlich-soziale Volkspartei. Da Beck gute 
Kontakte zum christlichsozialen Flügel der Konservativen Volkspartei 
im Kanton St. Gallen hatte, nannte er die Partei nicht konservativ, son- 
dern christlichsozial, denn er wollte im Fürstentum eine sozial aufge- 
schlossene und demokratische Partei errichten.!! 
Als Reaktion entstand im gleichen Jahr die Fortschrittliche Burger- 
partei (FBP). Wie schon der Name besagt, verstand sich die FBP als bür- 
gerliche Partei, deren Stossrichtung sich gegen den in Europa aufkom- 
menden Sozialismus richtete. Mit dem Epitheton «fortschrittlich» im 
Parteinamen grenzte sie sich von den Christlichsozialen ab, wollte sich 
aber — und das fällt auf — nicht konservativ nennen. Da Liechtenstein im 
19. Jahrhundert ein durch Landwirtschaft und Kleingewerbe geprägtes 
Land war, sprach die FBP bäuerliche und sogenannte bürgerliche 
Schichten an. 
Im Unterschied zum Deutschen Reich und zur Schweiz spielten 
bei der Entstehung des liechtensteinischen Parteiensystems konfessions- 
politische Konflikte keine Rolle. Wie in der Schweiz verstanden sich die 
beiden Parteien nicht als kirchliche Parteien wie etwa der Partito Demo- 
cratico in Italien unter Don Sturzo. Da das Fürstentum damals durch 
und durch katholisch geprägt war, waren beide Parteien im Katholizis- 
mus verankert, weshalb sie nur mit Vorbehalt der liberalen Parteifamilie 
mationen und Betrachtungen, die ihn als Kenner der Schweiz und Liechtensteins 
ausweisen, und stelle sie in den Kontext der europäischen Christdemokratie. Zum 
Parteiensystem in Liechtenstein verweise ich ferner auf: Marxer, Parteien im Wan- 
del; Quaderer-Vogt, Bewegte Zeiten in Liechtenstein; Michalsky, Die Entstehung 
der liechtensteinischen Parteien; Waschkuhn, Politisches System Liechtensteins; 
Wilfried Marxer, «Fortschrittliche Biirgerpartei (FBP)», in: HLFL, S. 238-239; Wil- 
fried Marxer, «Vaterländische Union», in: HLFL, S. 996-997. 
11 Zur Gründungsgeschichte siehe auch Quaderer, Die Entstehung der «Christlich- 
sozialen Volkspartei»; Quaderer, Die Volkspartei als Partei der Veränderung und 
Opposition 1918-1921; Quaderer, Wege und Umwege zu den Parteigründungen in 
Liechtenstein. 
243
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.