Die kommunale Kirchenfinanzierung
der positiven Religionspflege gelten.’! So gesehen ist die Staatsaufsicht
generell als «Ausfluss der Schutzgewalt» des Staates zu taxieren.””
Zu Spannungen zwischen kirchlichem Autonomiestreben, das
heisst der Forderung der katholischen Kirche nach staatlicher Anerken-
nung ihres eigenständigen Rechts, und staatlichem Souveränitätsan-
spruch kam es 1916/1917 im Zusammenhang mit der gesetzlichen Rege-
lung der Pfrundaufbesserungen (Kongrua).” Der Streitpunkt war, in
welcher Art und Weise die vermögensrechtliche beziehungsweise finan-
zielle Aufbesserung der notleidenden Pfründen erfolgen sollte: in Form
einer kirchlichen Stiftung oder eines staatlichen Fonds. Kirchlicherseits
vertrat man den Standpunkt, dass zur Sanierung der Pfründen eine
kirchliche Stiftung mit entsprechendem Stiftungszweck zu errichten sei,
die demnach allein in der kirchlichen Verfügungsmacht liegen sollte.
Staatlicherseits schloss man aus Gründen der Staatshoheit jeglichen
kirchlichen Anspruch aus, sodass der Kompromiss nur in einer pragma-
tischen Lösung gefunden werden konnte, wonach Fürst, Bischof und
Staat zusammen das Vermögen unzulänglich dotierter Pfründen mit
eigenen Beiträgen aufstockten, die als Bestandteil des Pfrundvermögens
zu gelten hatten.** Das hiess in der Konsequenz für den Staat, dass er
seine Vorstellungen über die Trägerschaft in Form eines Fonds, wie es
seiner Intention von Anfang an entsprach, in einen separaten Gesetzge-
bungsakt zu kleiden hatte. Er erliess am 4. Dezember 1917 das Gesetz
betreffend die Aufbesserung der Bezüge der Seelsorger.”
Eine inhaltlich vergleichbare Auseinandersetzung spielte sich im
Rahmen der Verfassungsreform 1921 ab. Das bischöfliche Ordinariat
verlangte in $ 37 der Regierungsvorlage, der auf die römisch-katholische
Kirche als Landeskirche Bezug nimmt und ihr den Schutz des Staates
zuspricht, einen Zusatz mit dem Wortlaut «nach Massgabe ihrer Rechts-
31 Formulierung nach Heckel, Staat Kirche Kunst, S. 36 Anm. 98.
32 Heckel, Staat Kirche Kunst, S. 34.
33 Siche § 69 Amtsinstruktion vom 26. September 1862 fiir die Staatsbehdrden des sou-
verdnen Fiirstentums Liechtenstein, die der Konstitutionellen Verfassung 1862 bei-
gegeben ist. $ 69 legt die Zuständigkeit beziehungsweise den Aufgabenbereich der
Regierung in «geistlichen Angelegenheiten» fest. Siehe auch unten Abschnitt «Staat-
liche Kongruaregelung als kommunale Erginzungsleistungen».
34 Wille, Staat und Kirche, S. 192-196; Quaderer-Vogt, Bewegte Zeiten, Bd. 3, S. 322-324.
35 LGBl. 1917 Nr. 11.
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