Volltext: Was will Liechtenstein sein?

Blicken wir in den Rückspiegel, erscheint die LAG irgendwie in der Linie des genau 50 Jahre davor (1901) gegründeten Historischen Ver- eins. Dieser und die LAG und ihre Mitglieder und der Verlag waren die Gründer des Liechtenstein-Instituts. Historischer Verein und LAG wa- ren die ersten liechtensteinischen NGOs. Hinzuzuzählen wäre die Liechtensteinische Gesellschaft für Umweltschutz (1973). Diese aller- dings leidet unter Mitgliederschwund. Wir glaubten dem frühen Max Frisch: «Man ist nicht realistisch, in- dem man keine Idee[n] hat.»14Wir waren überzeugt vom Nutzen des Nichtnützlichen, des Schönen, der freundschaftlichen Solidarität. Und ich finde, heute erscheint die Welt als noch schöner, seitdem wir sie so- zusagen als zerbrechliche, vielleicht auch vergängliche, in unseren Hän- den halten und sie unserer Zuneigung und unseres Schutzes bedarf. Wir hatten das Glück, nicht allein zu sein, oder einsam, wie es wo- möglich Peter Kaiser gewesen war, bevor er auszog. Das Zusammensein mit Gleichgesinnten hielt uns nächtelang wach. Wir glaubten wie der erste Landtagspräsident Karl Schädler (Landtagseröffnung 1862) an die freie Zivilgesellschaft. Er wörtlich: «So wird es uns allmählich gelingen, den geistigen und materiellen Zustand unseres Landes zu heben und aus dem Untertanen desselben einen seiner Freiheit und seiner Rechte be- wussten, auf die Institutionen des Landes stolzen [...] Bürger zu bil- den.»15Die kritische Auseinandersetzung mit der Idee Liechtenstein durchzieht wie ein roter Faden die im Verlag der LAG veröffentlichten Texte – sowie den neuen, von Norbert Jansen16herausgegebenen schö- nen Jubiläumsband zur liechtensteinischen Identität. Auch die uns nicht anrechenbaren Erfolge, die der liechtensteini- sche Staat, nicht wir, wie ein grosses Geschenk in Empfang nehmen durfte, waren für uns wie überschiessende Realisationen gehegter Hoff- nungen. Zu erwähnen etwa – Josef Wolf17ist hier – der Beitritt Liech- 200Texte 
aus dem Nachlass von Gerard Batliner 14Max Frisch, achtung: Die Schweiz, in: Gesammelte Werke in zeitlicher Folge, Bd. III/1, 1949–1956, Frankfurt a.M. 1976, S. 293. 15Zit. in: Jahrbuch des Historischen Vereins, Bd. 1, Vaduz 1901, S. 90 f. 16Der Publizist Norbert Jansen (Jg. 1943) arbeitete als Journalist, unter anderem für das Schweizer Fernsehen. Seit 2000 leitet er den Verlag der Liechtensteinischen Aka- demischen Gesellschaft. 17Der Germanist Dr. Josef Wolf (Jg. 1938) war von 1970 bis 1991 Vorstand des liech- tensteinischen Schulamtes. Von 1992 bis 2002 war er Ständiger Vertreter des Fürs- tentums Liechtenstein beim Europarat, danach Botschafter Liechtensteins in Berlin.
	        

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