Volltext: Was will Liechtenstein sein?

Gerard Batliner wies unserem Land einen Platz neben den euro- päischen Staaten zu. Bedenken hegte er nicht. Es brauchte auch keine politische Rechtfertigung, denn Liechtenstein hat, wie er zu verstehen gab, eine alte staatliche Legitimität und gehört zum europäischen Alt - bestand. Es ist Mitglied des Europarates und des EWR und der Weltge- meinschaft der Staaten. Er verlangte aber eine ungeschönte Bestandes- aufnahme und Diagnose. Auch wenn sie schmerzen, räumte er ein, kön- nen sie vielleicht helfen, uns auf das Fundament zu besinnen, es zu hüten, wo nötig zu erneuern, um dieses Land Europas zwischen der Schweiz und Österreich möglichst unversehrt an die Kinder weitergeben zu können. Er fügte bei: «Ich hoffe es. Ich hoffe, wir wollen es. Mit einer alle im Lande wieder sammelnden Kraft.» Eine vorausschauende und klar konzipierte Verfassungs- und Rechts politik hielt Gerard Batliner für eine zentrale Aufgabe. Es kommt gleichermassen auf Bewahrung und Veränderung an: verlässliche Grund- lagen zu erhalten und zu festigen, zugleich jedoch die Herausforderun- gen der Gegenwart und der nahen Zukunft zu erfassen, zu analysieren und Vorkehrungen zu treffen, damit die verfassungsmässige Ordnung den veränderten Lagen oder Funktionsbedingungen gerecht werden kann. Es überrascht denn auch nicht, wenn Gerard Batliner immer wie- der mit fundierten Äusserungen in die Diskussion von Grundsatzfragen der liechtensteinischen Politik eingegriffen hat. Gerard Batliner hat es immer als seine Aufgabe betrachtet, sich klä- rend und gestaltend mit Fragen des öffentlichen Lebens zu befassen und sich in vielfältigen Funktionen für die Wissenschaft und die Öffentlich- keit einzusetzen, ohne nach Aufmerksamkeit und persönlicher Geltung zu streben. Massstab seines Denkens und Handelns war die eigene Kraft, auf die er vertraute. Darum hatte er den Mut, weiterzugehen und nicht zu fragen, ob andere ihm folgten oder ihn auch nur verstanden. Er wich den Problemen nicht aus. Es fehlte ihm auch nicht an Entschiedenheit und Standfestigkeit. So lehnte er nach gründlicher Prüfung die Verfassungsänderungen von 2003 ab und unterzog sie einer kritischen Wertung. Wird die Staats- verfassung schon brüchig?, fragte er sich und konnte es nicht verstehen, dass einzelne Verfassungsbestimmungen, welche etwa sperrig, aber mit Leben gefüllt waren und sich bewährt hatten, von aussen schlichtweg übergangen wurden oder gültige Bestimmungen, wo sie als störend emp- funden wurden, von innen als überholt bezeichnet wurden. So hatte der 14Guido Meier
	        

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