Volltext: Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein

V. Zur Doppelfunktionalität des Verfassungsbeschwerde ver - fahrens in der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs Mustert man nunmehr die Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs im Blick auf mögliche Anhaltspunkte für eine doppelfunktionelle Ausge - stal tung des Verfassungsbeschwerdeverfahrens durch, so findet sich doch eine stattliche Anzahl von Entscheidungen, in denen das Gericht das im Ausgangspunkt subjektive Rechtsschutzinstrument gewissen «Objektivierungstechniken»58unterworfen hat. Obwohl der Staatsgerichtshof gelegentlich seine «grundsätzlich strikte Antragsbindung»59hervorhebt und insoweit eine gewisse Paral - leli tät zur Entscheidungspraxis des österreichischen Verfassungsge richts - hofs60und dem schweizerischen Bundesgericht61und der dort geltenden Dispositionsmaxime hier erstellt, finden sich nicht selten Judi kate, in denen der Staatsgerichtshof in seinen Entscheidungsgründen – zum Teil weit – über den Einzelfall und den konkreten Antrags gegenstand bzw. Beschwerdegrund hinausgreift: Eine Variante besteht darin, nach Feststellung der Begründetheit der Verfassungsbeschwerde noch über den Einzelfall hinausweisende Über legungen (grundsätzlicher Art) anzustellen und dabei gegebenen- falls auch Ratschläge an den Gesetzgeber zu formulieren. Ein Beispiel hierfür62ist die Entscheidung zur baugesetzlich vorgeschriebenen passi- ven Nutzung der Sonnenenergie zur Beheizung und Belüftung neuer privater Hallenbäder vom 24. April 1996.63Nachdem der Staatsge richts - hof die Verfassungsbeschwerde als begründet bezeichnet hat, sieht er sich veranlasst, grundsätzliche Ausführungen zur «Institution des Privateigentums» zu machen. In diesem Zusammenhang «warnt» er den Gesetzgeber auch vor einer etwaigen Neuregelung, in der ein explizites 152Wolfram 
Höfling 58Begriff bei Peter Häberle, Verfassungsprozeßrecht als konkretisiertes Verfassungsrecht, JZ 1976, 377 (381). 59So StGH 1995/25 – Urteil vom 23.11.1998, LES 1999, 141 (147). 60Siehe dazu etwa Karl Korinek, Die Verfassungsgerichtsbarkeit in Österreich, in: Stark/ Weber (Hrsg.), Verfassungsgerichtsbarkeit in Westeuropa, Bd. 1, 1986, S. 149 (158 f.); fer ner Machacek, Verfahren vor dem VfGH und vor dem VwGH, a.a.O., S. 64. 61Siehe hierzu etwa Häfelin/Haller, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 2. Aufl., Rn. 1741 ff.; auch Walter Haller, Das schweizerische Bundesgericht als Verfassungs - gericht, in: Stark/Weber, Verfassungsgerichtsbarkeit in Westeuropa, a.a.O., S. 179 (207). 62Siehe ferner etwa StGH 1997/3 – Urteil vom 5.9.1997, LES 2000, 57 (62). 63Siehe StGH 1996/29 – Urteil vom 24.4.1996, LES 1998, 13 ff.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.