Volltext: Wahlverhalten und Wahlmotive im Fürstentum Liechtenstein

Parteien und Parteiensystem schreckte. In verschiedenen Beiträgen in den Oberrheinischen Nach­ richten gab er sich als Befürworter von Parteien zu erkennen. Im regie­ rungstreuen Liechtensteiner Volksblatt wurden dagegen die «Beck'sche Partei» und insbesondere Wilhelm Beck selbst kritisiert. Die Meinung des damaligen Landtagspräsidenten Albert Schädler, dass Parteien nur Zerwürfnisse bringen, wurde sicher von vielen Bürgern geteilt.171 Bereits im Februar 1918 wurde die Christlich-soziale Volkspartei ge­ gründet.172 Als offizieller Gründungstag für die Fortschrittliche Bürger­ partei gilt der 22. Dezember 1918.173 Über das Gründungsdatum gibt es jedoch geteilte Auffassungen.174 Klar ist aber, dass die Bürgerpartei offi­ ziell erst nach den Wahlen gegründet wurde und auch nicht unter einem Parteinamen bei den Wahlen im März 1918 antrat. Während also die Volkspartei bereits in der Schlussphase vor den Wahlen vom 11./18. März 1918 mit einem Parteinamen auftrat, existierte die gegnerische Par­ tei zwar faktisch als Gruppe, hatte den Schritt zu einer Partei aber noch nicht formell vollzogen. Darin widerspiegelt sich auch eine grundsätz­ liche Skepsis gegenüber Parteien. Die Kreise um das Liechtensteiner Volksblatt erachteten Parteien als unnötig und sprachen sich für die Wahl der besten Männer, nicht von Parteien aus. Unter dem Eindruck der Volkspartei und deren Erfolge im Oberland bei den Landtagswahlen 171 Kaiser 1988: 13 mit einem Zitat von Dr. Albert Schädler (1848-1922). Schädler stand der FBP, die jedoch erst nach dessen Landtagspräsidentschaft gegründet wurde, nahe. Kaiser 1988:13. 172 Vgl. Quaderer 1996c und 1996d. 173 Vgl. Bericht im Liechtensteiner Volksblatt vom 27. Dezember 1918. 174 Waschkuhn (1994a: 244) datiert die Gründung auf den 22. Dezember 1918 im Restau­ rant Löwen, «weswegen von der FBP auch als der <Löwenpartei> gesprochen wurde». Er schliesst aber nicht aus, dass die eigentliche Gründung bereits im Juni 1918 erfolgt ist, wie Kaiser (1988: 14) aufgrund von mündlichen Quellen meint. Faktisch dürfte der Anfang vor die Wahlen vom 11. März 1918 zurückreichen. In den Oberrheinischen Nachrichten vom 16. Februar (S. 2) wird auf eine Versammlung von ca. 18 Männern im Restaurant Löwen in Vaduz eingegangen. Die Versammlung wird als «Wahlkomitee» bezeichnet. Es soll das Ziel verfolgt werden, den «bisherigen Besitzstand an Abgeord­ neten in einigen Gemeinden», die die Gruppierung von Wilhelm Beck hatte, anzufech­ ten. Bereits in den Oberrheinischen Nachrichten vom 2. März 1918 (S. 1) ist weiters die Rede von der «<Löwen>-Partei». In einem polemischen Beitrag wird dabei der Pro- grämmvorschlag «im feindl. Blatte» für «die von der <Löwen>-Partei aufgestellten Kan­ didaten» zerzaust (Titel: «Zum Programm der neuen Partei»). Im gleichen Beitrag wird die eigene Gruppierung - wie bereits in früheren Ausgaben - als «Beck'sche Partei» bezeichnet. Die politische Gruppierung, die sich um das Liechtensteiner Volksblatt sammelte, wurde auch als «Herrenpartei» (z.B. Oberrheinische Nachrichten vom 23. März 1918, S. 1) oder einfach als «Gegenpartei» bezeichnet. 75
	        

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