Volltext: Wahlverhalten und Wahlmotive im Fürstentum Liechtenstein

Politisches System Liechtensteins Der Landesfürst hat das Recht, den Landtag einzuberufen, zu schlies- sen und aus erheblichen Gründen, die der Versammlung jedesmal mit­ zuteilen sind, auf drei Monate zu vertagen oder aufzulösen.49 Wird der Landtag aufgelöst, muss binnen sechs Wochen eine neue Wahl angeord­ net werden. Die neugewählten Abgeordneten sind sodann binnen 14 Ta­ gen einzuberufen.50 
Roger Quaderer weist darauf hin, dass Willkür bei der Auflösung des Landtages durch den Landesfürsten ausgeschlossen sein muss.51 Der Landtag ist kein Spielball des Monarchen. Für eine Auf­ lösung müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein. Erstens müssen erhebliche Gründe vorliegen. Zweitens muss der Landtag vorher einbe­ rufen werden. Dieses Recht steht aber dem Landtagspräsidenten zu, so­ dass ein Einvernehmen mit dem Landtagspräsidenten zu suchen ist. Und drittens müssen die Gründe mitgeteilt werden. Ein Lösungsweg für den Konfliktfall ist allerdings in der Verfassung nicht eindeutig vorgezeichnet. Zwar wird in Art. 112 der Staatsgerichts­ hof als Interpretationsgerichtshof erwähnt, wenn in der Auslegung der Verfassung zwischen den Staatsorganen keine Einigkeit herrscht. Es ist umstritten, ob der Staatsgerichtshof im Konfliktfall als Schiedsgericht fungieren könnte. Meinungsverschiedenheiten zwischen den Staatsorga­ nen sollten im Sinne des Konsensprinzips in der Verfassung eher poli­ tisch denn rechtlich gelöst werden.52 49 Art. 48 Abs. 1 LV. 50 Art. 50 LV. 51 Roger Quaderer 1993:46. 52 Bei der Auflösung des Landtages durch den Landesfürsten am 15. September 1993, einen Tag, nachdem der Landtag dem Regierungschef Markus Büchel das Vertrauen entzogen hatte, stand die Frage im Raum, ob der Landesfürst die entsprechende Kompetenz hat. Einzelne Abgeordnete zweifelten die Kompetenz des Landesfürsten an, da sie keine «erheblichen Gründe» für eine Landtagsauflösung sahen, zumal der Landtag sich als handlungsfähig betrachtete und mit dem Amtsenthebungsantrag nur von einem verfassungsmässigen Recht Gebrauch machte. Aus den Reihen der VU- Opposition wurde aber signalisiert, dass diese Entscheidung im Ermessen des Landes­ fürsten liege. Der Staatsgerichtshof wurde somit nicht bezüglich einer Verfassungs­ interpretion angerufen. Der Landtag akzeptierte seine Auflösung letztendlich. Der Landesfürst legitimierte seinen Schritt damit, dass der bestehende Landtag nicht zuletzt mit Blick auf die Person von Regierungschef Markus Büchel in dieser Zusammen­ setzung gewählt worden sei und daher mit dem Vertrauensverlust von Markus Büchel auch der bestehende Landtag seine Legitimation verliere. Da die Verfassung aber auch die Möglichkeit vorsieht, dass das Volk den Landtag auflöst, kann man die Auflösung des Landtages durch den Landesfürsten auch als unzulässigen Eingriff des Monarchen in den Kompetenzbereich des Volkes interpretieren. 38
	        

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