Volltext: Zur heutigen Lage des liechtensteinischen Parlaments

auch zentralistische, machtvereinigende Züge, weil es in der Reinform keine Gewichte duldet ausser der Regierung bzw. der Opposition als potentiellem Gewinner der nächsten Wahlen. Vom Wahlsieg einer Partei hängt somit auch das Regierungsprogramm ab. Man spricht daher auch vom System der «Parteiregierung». «Die konstitutionelle Gewaltenteilung' oder der Dualismus zwischen Regierung und Parla­ ment wird abgelöst durch eine politische Gewaltenteilung', welche die Regierungsmehrheit der Opposition gegenüberstellt.»256 In diesem System sind die Stellung und der Einfluss der Parteien regelmässig sehr stark.257 01 Raimund Germann, Konkordanz- oder Konkurrenzdemokratie?, In: Zeitschrift für Schweizerisches Recht, NF., Bd. 96, 1977, 177. 07 Gerhard Leibholz hat in seinen Veröffentlichungen (Gestaltwandel; Kontroll­ funktion; Strukturwandel; Verfassungsrecht und politische Wirklichkeit; Wesen) vor allem dieses Parteiensystem im Auge, und es kommt ihm das Verdienst zu, im heutigen Parteienstaat bestehende Tendenzen denkerisch radikal auf ihre letzte Konsequenz gebracht und ausformuliert zu haben. Wegen der Bedeutung und Aktualität seiner Position seien wesentliche seiner Darlegungen thesenartig zusammengefasst und untersucht: 1. Die Parteien als Herren der Demokratie Trotz allen Widerständen des 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts sind «die politischen Parteien heute zu den Herren unserer Demokratie geworden» (Verfassungsrecht und politische Wirklichkeit, 255). «Die Parteien sind es, die so das Volk in der politischen Sphäre als real handelnde Einheit in Erscheinung treten lassen, es sozusagen erst politisch konstituieren.» (Verfassungsrecht und politische Wirklichkeit, 256; auch Strukturwandel, 121) Die Parteien sind die Organisationen, «die heute Hunderte von Millionen freigesetzter Aktivbürger politisch aktionsfähig machen und zu politischen Handlungseinheiten zusam- menschli essen. ... Ohne sie würden die heute emanzipierten Aktivbürger ziel- und richtungslos im politischen Raum hin- und hervegetieren.» (Verfassungs­ recht und politische Wirklichkeit, 256; Gestairwandel, 225) 2a. Die Wahlen als plebiszitäre, direktdemokratische Entscheide über die Kan­ didatenvorschläge wie die Programme der Parteien Das Volk jedoch kann sich nur für diese oder jene Partei entscheiden, die Per­ sonen und die Programme werden von der Partei selbst ausgewählt. «Heute be­ herrschen die Parteien die Wahlen.» (Verfassungsrecht und politische Wirklich­ keit, 254f.) Die Parteien legen die Parteiprogramme vor. Damit aber tendieren die Wahlen «in zunehmendem Masse dahin, zu einem rein plebiszitären Akte zu werden, in dem die durch die Parteien zusammengefasste Aktivbürgerschaft ihren politischen Willen zugunsten der von den Parteien benannten Mandats­ bewerber und der von ihnen unterstützten Parteiprogramme kundgibt und über der Parteien Macht und Einfluss in den nächsten vier oder fünf Jahren ent­ schieden wird.» (Gestaltwandel, 231; Strukturwandel, 104) «Wenn heute die Aktivbürgerschaft in einer sog. Wahl sich äussert, so entscheidet sie im Grunde genommen plebiszitär über aen Regierungskurs der nächsten vier oder fünf Jahre.» (Verfassungsrecht und politische Wirklichkeit, 259) Der «Volks- oder Gemeinwille» wird «in der parteienstaatlichen Demokratie durch die Parteien gebildet... Wie in der plebiszitären Demokratie der Wille der Mehrheit der Aktivbürgerschaft mit aem jeweiligen Gesamtwillen des Volkes identifiziert wird, wird in einer funktionierenden parteienstaatlichen Demokratie der Wille der jeweiligen Parteienmehrheit in Regierung und Parlament mit der ,volontl g£n£rale' identifiziert. Der Gemeinwille kommt in der parteienstaatlichen 125
	        

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