Volltext: Zur heutigen Lage des liechtensteinischen Parlaments

sind (§§ 8 und 48 GO). Demgegenüber verleiht die GO (§§ 49—51) den besonderen Kommissionen und den Untersuchungskommissionen bis zur Erledigung ihres Auftrags Organ- und personelle Kontinuität über die Sitzungsperioden hinweg, es erlischt aber die eventuelle Exi­ stenz solcher Kommissionen definitiv mit der Mandatsdauer des Land­ tags (personelle und Organ-Diskontinuität).233 Unter 
sachlicher oder materialer Diskontinuität versteht man die Folge, dass mit dem Ablauf einer Mandatsperiode sämtliche von einem Parlament begonnenen Arbeiten, die nicht durch Annahme oder Ab­ lehnung zur endgültigen Erledigung gelangt sind, d. h. alle hängigen Gesetzesvorlagen, Anträge (Postulate, Motionen) und Anfragen (In­ terpellationen, mündliche Anfragen) etc., automatisch dahinfallen und gegenstandslos werden, und dass das neugewählte Parlament mit ihnen nur befasst werden kann, wenn sie bei ihm neu und formgerecht eingebracht werden.234 Während die Fragen im Zusammenhang mit der personellen und der Organ-Diskontinuität in der Lehre kaum Anlass zu grösseren Diskussionen gegeben haben, ist das Problem der sachlichen Diskontinuität im Mittelpunkt prinzipieller Auseinander­ setzungen gestanden. Nebst der praktischen Erwägung, dass das neue Parlament nicht mit dem Ballast der früheren Vorlagen belastet sein dürfe235 oder dass es nicht mit Anträgen befasst werden soll, die auf die parteipolitische Struktur des alten Parlaments zugeschnitten waren,236 besteht in einer rein repräsentativen Demokratie das Bedürf­ nis nach zeitlicher wie sachlicher Begrenzung der anvertrauten Herr­ schaft. Das bedeutet aber zugleich «die Freistellung des neugewählten Parlaments und damit auch des souveränen Staatsvolkes als Wähler­ schaft von der Verpflichtung zur Fortführung und Erledigung bereits eingeleiteter Vorhaben».237 So bewirkt der Grundsatz zugleich Frei­ heit, dank der zeitlichen und materialen Beschränkung der Macht des zentralen Repräsentativorgans, des Parlaments.238 Das Prinzip der sachlichen Diskontinuität bildet in der Bundesrepublik einen eigen­ 8" Vgl. Jekewitz, 81ff. 194 Jekewitz, 83. Dagegen werdeD Verfahren nicht hinfällig, zu deneD das Parla­ ment bei anderen Organen lediglich den Anstoss gegeben hat, im übrigen aber völlig verselbständigt sind: z. B. die Ministcranklage (Art. 45 Abs. 4 StGHG). 238 Ulrich Scheuner, Vom Nutzen der Diskontinuität zwischen Legislaturperioden, in: Die öffentliche Verwaltung, August 1965, Heft 15, 512. 288 Maunz/Dürig, zu GG 39, Randnr 18; Zur Sache 3/76, 98. "7 Jekewitz, 154; auch Zur Sache, 3/76, 98. "8 Jekewitz, 154f. 114
	        

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