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So sehen wir bei den weltlichen Herrschaften unge
fähr den nämlichen Prozess sich‘ wiederholen, den wir Schon
bei den’ geistlichen wahrnahmen. Man ist also im Im
thum, wenn man überall die feudalen ‚Herrschaften äif
königliche Verleihungen zurückführen zu sollen glault,
vielmehr waren dies Schmarozergebilde, welche, gewisser-
massen durch Naturnothwendigkeit, an dem, einst stolzen,
aber schon früh in Zersetzung übergegangenen Stamme des
deutschen Reiches sich entwickelten und dessen letztes Mark
aufsogen. Sie bildeten sich desshalb meist selbstherrlich,
beziehungsweise durch Usurpation, auf Grund thatsächlicher
Verhältnisse, und die königlichen Verleihungen, wenn sie
überhaupt‘ erfolgten, dienten in der Regel nur dazu, %
sanktioniren was nicht zu ändern war.
Es unterliegt übrigens keinem Zweifel, dass die "in
Rätien nach dem Erlöschen der gedachten alten rätischen
Grafen auftauchenden Edel- und Freiherrschaften schon
unter der Verwaltung derselben — freilich dannzumal nur
mit niederer Gerichtsbarkeit — sich zu bilden begonnen
hatten. Ich schliesse dies namentlich aus den beiden be
reits erwähnten Diplomen Kaiser Heinrich’s III. (v. 1050)')
womit derselbe dem Bischof von Cur die beidseitigen Wal
dungen des Curer Thales, d. h. vom Versamer Tobel bis
zur Ausmündung der Lanquart und der Tamina, und von
da weg die linkseitigen bis Buchs (Werdenberg) schenkte
Der Kaiser erklärte nämlich hiebei ausdrücklich, dass dies
Schenkung —seweit sie Oberrätien betraf, mit Zu-
stimmung des Grafen Otto, ferner eines gewissen Rudolf,
zweier Egino, eines Humbert, eines Adelbero und «de!
übrigen Comprovinzialen,» soweit sie.aber Unter-
rätien betraf, mit Zustimmung des. Grafen Eberharl
und ebenfalls. «der übrigen Comprovinzialem
geschehe.
1) Mohr, Cod I. n. 92 und 93.
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