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Ohne allen Zweifel war diess Gebäude das Wohnhaus einer landwirthschaftlichen Ansiedelung
(Villa), deren Oekonomiegebäude eine genauere Untersuchung der Lokalität zum Vorschein bringen
wird. Es ist diess die eine der wenigen nicht militärischen Anlagen, welche bis jetzt in dem zur
Schweiz gehörigen Theile der rätischen Provinz entdeckt wörden sind. (Nach der gefälligen Mitthei-
lung des Herrn Pfarrer Sulzberger in Sitterdorf.)
Unter-Steinach, Bei diesem Orte wurde im Jahr 1862 bei Grabung eines Kanals ein Stück der
alten römischen, dem Seeufer entlang von Arbon nach Bregenz (Vindonissa-Brigantia) führenden Strasse
entdeckt, welche in ihrem weitern Laufe unter dem Namen Peststrässchen bekannt ist und jetzt noch
begangen wird. Diese Strasse umging von Arbon aus in grossem Bogen das Sumpfland- zwischen
diesem Orte und Unter-Steinach, welches Dörfchen sie links liegen liess, und führte in der Richtung
des aufgegrabenen Stückes gerade auf Horn zu. Die Richtung aber, welche sie, von hier verfolgte,
ist noch nicht ermittelt.
Das etwa 9’ breite Mittelstück des Peststrässchens bestand aus einer wenigstens 6’ dicken Masse
verschiedener Lager von grösseren Steinen, auf welchen sich wieder mehrere Schichten Kies befanden,
deren ursprünglich gewölbte Oberfläche durch langen Gebrauch einen concaven Querschnitt ange-
nommen hatte. Der Bau und die historische Bedeutung dieses Strassenstückes ist durch die Nach-
forschungen des Herrn P. Immler bekannt geworden.
Ob sich diese Strasse von Arbon dem See entlang nach Constanz fortsetzte und auf sie die
Angabe Ammian’s XV. 4. betreffend eine breite, durch die Schauer finsterer Wälder hinführende
Strasse sich bezieht, ist ungewiss.
Strassen, Die römische Heerstrasse Vindonissa-Brigantia hat sich, wie in der ersten Abtheilung
S. 284 bemerkt worden, zwischen Vitudurum und Ad Fines in deutlichen Resten erhalten. Ueber die
sumpfige Niederung östlich von Vitudurum zeigte sie sich noch im Anfange dieses Jahrhunderts als
ein aus grossen Steinen angelegter Bau, auch bei Frauenfeld, zwischen der Ortschaft Kurzdorf und
Langdorf ist sie in ihrer ursprünglichen Form und Beschaffenheit noch vorhanden, und tritt als ein
ohne viel Aufwand errichteter Dammweg über die Ebene hervor. In ihrem übrigen Laufe ist sie, am
Gehänge der Hügel auf festem Grunde sich hinziehend und eines regelrecht angelegten Unterbaues
nicht bedürfend, durch blosse Bekiesung des Trace, vielleicht des aus frühester Zeit herstammenden
Thalweges, hergestellt. Von dem Bestreben, Erhöhungen und. Vertiefungen auszuweichen und ihr
durch Abtragungen oder Auffüllungen eine horizontale Lage zu verschaffen, zeigt sich keine Spur.
Im Jahre 1841 liess ich dieselbe, um von ihrem Baue nähere Einsicht zu bekommen, bei Kurzdorf,
wo sie unter dem durch den verstorbenen Herrn Regierungsrath Freienmuth in Aufnahme gebrachten
Namen »Römerstrasse« bekannt ist, an verschiedenen Stellen durchgraben. Ihre Oberfläche hat ein
sanftes Seitengefälle, eine Breite von 30— 32‘, eine Höhe von 3'. (Siehe das Profil Taf. VI. Fig. 2.)
Ihr Fundament besteht nicht aus einem Steinbette, sondern aus festgestampftem Kies, und ist ungemein
solid. Auf dieser Unterlage ruhen Schichten reinern Kieses, die durch Jahrhunderte lange Befahrung
eine solche Compactheit erlangt haben, dass sie vermittelst des Karstes nur mit Mühe durchbrochen
werden können. Verglichen mit diesem Strassenzuge ist derjenige der westlichen Schweiz, wie er
sich zwischen Avenches und Solothurn noch erhalten hat (s. Taf. VI. Fig. 3 und Anzeiger für schweiz.
Gesch. und Alterth. Jahrg. 1856 No. 1), mit mehr Sorgfalt angelegt. Das eigentliche Fundament der