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die alte Elisabeth Farnese starb, erinnerte sich die Kaunitz,
mit welcher Klugheit und Energie jene Frau ihren Söhnen
die Herrschaft in Parma und Neapel verschafft und auf
welche Weise Oesterreich die spanische Erbschaft verloren
hatte.
In der adeligen Gesellschaft fühlte sich die Gräfin von
Anfang an nicht sehr behaglich. Männer und Frauen er-
schienen ibr gleich unwissend. Jene sprachen nur vom Wetter
und der damals herrschenden Hungers8notk, diese vom Putz
und vom Theater. Ueberall standen sich Coterien gegenüber.
Wenn eine Soiree gegeben wurde , wurde alles gemeinschaft-
lich berathen und bezahlt, die Gesandten und ihre Frauen
wurden als freie Gäste geladen, jede Dame ließ sich von
einem Cavalier begleiten und die meisten von ihren Lieb-
habern. Auch der Gräfin Kaunitz wollte man einen zuweisen.
Ein Herr von Veri, welcher ihr in Rom die Ruinen und
Kunstwerke gezeigt, kam nach Neapel und versuchte, ihr den
Hof zu machen; aber sie wies ihn ab und sagte: „Ich liebe
nur meinen Mann.“ Bald lernte sie ihren Verkehr auf
wenige Frauen beschränken, die Duchessa Salandra, eine ge-
borne Gräfin Wallis aus Böhmen, die Gräfin Ligneville,
welche längere Zeit in Wien gelebt und eine große Ver-
ehrung für das Haus Oesterreich hatte. Was sie aus dem
italienischen Familienleben hörte, jagte ihr einen wahren
Schre>en ein. „Es gibt hier zu Lande", schreibt sie an
Eleonore "", „ein schre>liches Insect, das bei uns so selten
ist wie der Scorpion, ein Insect, welches die besten Hand-
sungen vergiftet, es heißt 8econde fine, denn Niemand
1) 2. August 1768.