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Ihre Pflichten als Frau und Mutter hat sie muster-
haft erfüllt. Das Ansehen und die Ehre des Hauses waren
ihr vornehmstes Gebot. In ihrem praktischen Sinn ordnete
sie den gemeins<haftlihen Haushalt und hielt das Bermögen
zusammen. Ihr mütterlicher Beruf brachte ihr viel Arbeit
und Sorgen. Sie kam zu dem Bewußtsein, daß der mensch-
liche Geist sich nicht in alle Formen pressen lasse und die
Anlagen, die Neigung zum Guten und Bösen schon auf die
Welt bringe. „Glaube mir“; klagte sie ihrer Tochter, „daß
die Erziehung eine schwere Sache und das größte Hazard-
spiel i+; denn die, welche erziehen und welche erzogen werden,
sind VWienschen und als solche allen physischen und morali-
ichen Gebrechen, welche das Erbtheil des Menschengeschlechtes
sind, unterworfen.“ Oftmals erschra> sie über ihre Söhne,
über deren Freiheit und Unabhängigkeit. In ihrer strengen
Sittlichkeit verurtheilte sie die laxen moralischen Grundsäße
ihrer Zeit, wie sie die geringe Zurückhaltung 5x Männer und
Frauen tadelte. Nach ihrer Meinung sollte die Frau nie aus
der Familie heraustreten. „ES ist niht ohne Grund", sagte sie,
„wenn der h. Paulus den Frauen verbietet, si< in die Lehre
zu mischen, denn ihr Loos ist Unterwerfung und Geduld."
Sie selbst hatte ihre Herrschsucht und alle ihre Leidenschaften
nur schwer gebändigt, bis sie zur Erkenntniß kam, daß alles
Glüd und alle Freiheit nur im inneren Frieden und in der
Arbeit bestehe. „Das Glü> wohnt nur in uns", schrieb sie
1792, „wir suchen es vergebens im Lärm, in der Zerstreu-
ung der Welt, in Rang und Reichthum; was mich betrifft,
ich finde alle philosophischen Betrachtungen über diesen (He-
genstand in den zwei Säen: gloria in excelsis dev et in
terra pax hominibus bonz voluntatis." Je älter sie wurde,
Wolf, Eleonore Liechtenstein. 0:
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