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Wenn nun die seit dem Bundesbeschlusse von 1862 erstellten Dämme
sich bei einer derartigen Probe bewährt haben , so ist man zu der Fol-
jerung berechtigt, daß das System gut jei und, einzelne Verbesserungen
in der lofalen Anwendung vorbehalten, mit Vertrauen fortgejezt werden
dürfe.
Der Abfluß von 100,000 Kubikfuß per Sekunde hat besonders am
28. Sept. stattgefunden. Die Anschwellung dauerte bis 3. Oktober,
aber obiges Maximum dauerte nicht lange Zeit.
Nehmen wir an , dasselbe habe 24 Stunden angedauert, so gibt
dies eine Abflußmenge von 233 Millionen Kubikmetern, d. h. 54 Mil-
lionen weniger, als während des gleichen Zeitraums Regen gefallen ist.
Diese Zahlen stimmen hinlänglich , um sich gegenseitig zu bestätigen.
Das am 27. und 28. in einem Terrain mit steilen Abhängen auf einen
felsigen, von den vorhergehenden Regengüssen bereit8 durchnäßten Boden
gefallene Wasser mußte sehr rasch abfließen, wobei e8 immerhin noch ein
gewisses Quantum zurücließ , welches vom Boden absorbirt wurde.
Die vollständige Tränkung des Bodens durch die Regengüsse vom 19.
bis 27. wird leider nur zu deutlich bewiesen durch die vielen Erd-
rutschungen, welche in den Gebirgsgegenden der Kantone Graubünden
und Tessin vorgekommen sind.
Wir gehen über zu den Ereignissen, welche sich während der Ueber-
s<hwemmung auf der Rheinstre>e von der Taxrdisbrücke bis zum Boden-
see zugetragen. haben.
Auf eine Länge von 3 Kilometern auf dem linken und 4 Kilometern
auf dem rechten Ufer sind d'- Dämme vollkommen unbeschädigt geblie-
ben, obwohl das Wasser bis zur Krone reichte und manigfaltige Spuren
zurückgelassen hat. GEinige schwächere Stellen wurden noc< rechtzeitig
verstärkt und im Ganzen ist das hinterliegende Terrain geschüßt geblieben.
Beim Wuhrstein Nro. 5 hingegen , auf dem linken Ufer, befand
sich eine l/2ine Bucht, mit deren Abschließung man troß ziemlich bedeu-
tender Schwierigkeiten begonnen hatte, in der Absicht, dieselbe während
der bevorstehenden Campagne zu vollenden. Der Voranschlag für diese
Arbeit war bereit8 gemacht und zur Genehmigung vorgelegt. Das no<
vorhandene alte Wuhr wurde noch als genügend fest betrachtet, so daß
man diese Arbeit zwar als angemessen und zweckmäßig für die definitive
Korrektion dieser Strecke, aber keine8wegs als dringlich erachtete. Aus
diesem Grunde waren denn auch während den leßten Jahren die An-
strengungen der Ragaßer-Wuhrgemeinde auf andere Punkte ihrer Linie
gerichtet. An dieser Stelle nun ist die erste Bresche entstanden. Es
scheint, daß das Rückwasser den Fuß des alten Wuhrs unterspült habe,
welches dann, dem Druck von beinahe 6 Metern Wildwasser nachgebend,
einstürzte. Eine ungeheure Wassermasse ergoß sich über die zwischen dem