Von Bischof Hartbert bis Bischof Wido.
„Am Hofe des Königs mußten die Kirchenfürsten erscheinen, selbst
venn sie aus kirchlich religiösem und asketischem Sinne sich vom
wveltlichen Treiben möglichst fern hielten. Wenn auch keine be-
stimmten Fristen zum Erscheinen am königlichen Hofe bestanden, jo
mußten die Bischöfe doch beim Könige zum Besuche sich einfinden,
wenn es sich um eine wichtige kirchliche oder um eine politische An-
gelegenheit ihrer Gegend oder des ganzen Reiches handelte, oder
wenn der Regent in der Nähe ihrer Residenz Hof hielt. Besonders
wenn e3 sich um die Besezung geistlicher Stellen handelte, pflegte
der Monarch eine große Anzahl von Bischöfen zu Rate zu ziehen.
Auf den Reichzversammlungen erschienen die Kirchenfürsten mit den
weltlichen Großen als die offiziellen Ratgeber des Königs.“ ?)
Zogen die Könige durch das Gebiet des Bischofs, jo hatte
sie dieser mit ihrem Gefolge zu verpflegen, was jelbstverständlich
große Auslagen verursachte. Wir haben bereits erwähnt, daß die
Karolinger und Ottonen öfter ihren Weg durch Chur nahmen. Später
wurden die Bündnerpässe von den Königen weniger benüßt. Kaiser
Friedrich I. zog 1158 über den Brenner nach Italien, aber ein Teil
seines Heeres nahm den Weg über den Septimer. Der nämliche
Herrscher kehrte 1164 wahrscheinlich über den Lukmanier heim,
jedenfalls tat er dies 1186. Heinrich VI. benüßte zweimal den
Septimer, nämlich bei der Rückfehr im Winter 1191 und beim
zweiten Zug nach Italien 1194. In drei Tagen machte er die
Reise von Chur nach Chiavenna. Vielleicht hat Friedrich UU. 1242
den Weg über einen Bündnerpaß eingeschlagen. *)
Im 9. Jahrhundert war das gemeinsame Leben in den Kathedral-
Kapiteln allgemein in Übung, vom 10. Jahrhundert an erkaltete
jedoch der ursprüngliche Eifer allmählich, die einzelnen Kapitelsmit-
glieder strebten nach größerer Freiheit und Ungebundenheit, nach
und nach löste sich das gemeinsame Leben auf. So lange dieses
fortdauerte, blieb der Bischof das Haupt und der Vorsteher des Ka-
pitels, die ganze Leitung und Vertretung nach außen kam ihm zu.
Da3 Vermögen blieb ungeteilt und stand unter Verwaltung des
Bischofs. So war es auch in unserer Diözese. In allen Urkunden
bis gegen Ende des 10. Jahrhundert5 ist immer nur von der Kirche
von Chur (ecclesia Curiensis) die Rede, worunter das Gesamt-
1) BVering-Phillips, Kirc<henr. YI, S. 468.
2) Schulte, die Alpenpässe, S. 88-92.
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