174 Von Bischof Hartbert bis Bischof Wido.
jv jegensreicher und ungehinderter entfalten, wenn ihr zur Unter-
stüßung derselben auch die weltliche Geseßgebung und Macht un-
mittelbar zur Verfügung standeu, und wenn ihr für Kultus und Wohl-
tätigfeitSanstalten reiche Mittel in die Hand gegeben waren. Allein
es hatte dieje Verbindung der geistlichen und weltlichen Gewalt auch
manche Nachteile im Gefolge. Zunächst wurden die Bischöfe zu
viel von ihrer eigentlichen Aufgabe abgezogen und mehr, als gut war,
an den Hof des Königs gefesselt; sodann zog der Glanz der bischöf-
lichen Stühle den Adel allzu sehr an und führte zur Verweltlichung
der kirchlichen Würdenträger. Leßterer Uebelstand machte sich in
Chur allerdings jezt noch weniger geltend, tritt aber später hervor.
Da das Bistum Chur an der Grenze von Italien lag und wichtige
Alpenpässe umschloß, so mußte es den deutschen Königen umso mehr
daran liegen, die Bischöse für sich zu gewinnen und sie mit gehöriger
Macht auszurüsten.
Die Könige selbst benüßten vielfach die Bündnerpässe für ihre
Züge nach Italien. Schon bei den Karolingern war dies der Fall.
Ludwig der Fromme bestätigt 829 dem Kloster Reichenau die alte
Gewohnheit, daß dasselbe dem Könige und seinen Söhnen nur zur
Verpflegungspflicht verbunden sein solle für die Fahrt durch und auf
Konstanz und Chur. ?*) Die Ottonen waren auf die östlichen Pässe
eingeschränkt. Sie haben nachweiSbar (mit Einschluß Heinrichs Il.)
achtmal die Bündnerpässe benüßt.
Es entspricht durchaus der ottonischen Politif, wenn nun die
Könige die Sorge für die wichtigen Uebergänge und damit auch die
politische Macht in diesen Gebieten den Grafen entziehen und dem
Bischofe von Chur übertragen. *?)
Otto 1. übergab dem Bischofe Hartbert den König3hof in
Chur. Dieser, die königliche Pfalz, lag höchst wahrscheinlich außer-
halb der jezigen Stadt im sog. „Welschen Dörfli“, in der Gegend,
welche im 13. und 14. Jahrhundert den Namen Palazol führte. Die
Reichspfalzen wurden öfter auf den Ueberresten römischer Ansiedelungen
errichtet. Ein solcher Königshof befand sich in Chur schon zur Zeit
der Karolinger. Als Ludwig der Fr., Ludwig das Kind, Otto [., Il.
und Konrad in dieser Königspfalz weilten, wurden hier Münzen mit
der Aufschrift „CVRJIA“ geprägt. 3) *
?) Gall Oeheim bei Brandi, Quellen und Forschungen zur Gesch. der
Reichenau, 11, S. 48 ff.
2) Schulte, Alpenpässe 1, S. 62 ff.
9 Briß v. Jeklin, im Anz. für Schweiz. Altertumsk. Neue Tolge.
Bd. V, S. 142.