Volltext: Geschichte des Bistums Chur

Allgemeine Zustände im 19. Jahrhundert. ( 
Eine große und dankbare Aufgabe fiel dem Bistum Chur be- 
züglich der Sorge für die Katholiken in der Diaspora zu. 
Die Zahl der Katholiken in den biSher ganz protestantischen Gegenden 
vermehrte sich infolge der freien Niederlassung und der Kultusfreiheit 
durc< Einwanderung gewaltig. Darum wurde die Errichtung zahl- 
reicher Seelsorgöstationen in der Diaspora notwendig. Besonders 
war dies im Kanton Zürich der Fall. Auf dem Gebiete desselben 
war bi8 gegen Ende des 18. Jahrhunderts5 jeder katholische Gotte3- 
dienst und auch der Besuch eines solchen auswärts verboten. In 
der Stadt Zürich wurde zuerst wieder der katholische Kultus gestat- 
tet. 1799 hielten die österreichischen Truppen und später die kathol. 
Eidgenossen in Zürich Gottesdienst. Während der Tagsakung von 
1807 wurde den Katholiken die Fraumünsterkirche zur Verfügung ge- 
stellt. Schon jebt entstand eine katholische Pfarrei, der die St. Anna- 
fapelle zugewiesen wurde. Von 1833 an durften die Katholiken 
wieder die Fraumünsterfirche benußen. 1842 erhielten sie die Au- 
gustinerfirche, welche Bischof Kaspar de Karl den 21. Okt. 1844 ein- 
weihte. Als Pfarrer funktionierte jezt Robert Kälin von Einsiedeln, 
ein guter Redner, aber sehr freisinniger, unfirc<hlich gesinnter Mann, 
der dem späteren Altkatholiziömus vorarbeitete. *) Nach der Resig- 
nation Kälins wurde 1863 Sebastian Reinhard Pfarrer, ein Mann 
von durchaus kir<licher Richtung, hochgebildet und welterfahren. ?) 
Ihm wurden gerade von Katholiken viele Schwierigkeiten bereitet. 
1873 wurde der AltkatholiziSmus eingeführt. Pfarrer der Altkatho- 
lifen wurde Lochbrunner aus dem Kanton Aargau, den nun der 
Bischof von Chur namentlich exkommunizierte. Die Katholiken muß- 
ten die Kirche aufgeben, Pfarrer Reinhard und Pfarrhelfer Bossard 
wurden als abgeseßt erflärt und aus der Pfarrwohnung vertrieben. 
Niemand wollte ihnen ein Lokal für den Gotte3dienst geben, mit 
Mühe erhielten sie ein solc<he3 im Theater Foyer. Pfarrer Reinhard 
machte nun Sammlungzsreisen und erwarb einen Bauplatz mit einem 
Hause in Außersihl. Man begann einen größeren, aber einfach ge- 
haltenen Kirchenbau. Bevor derselbe vollendet war, starb der hoch- 
verdiente Bekennerpfarrer Reinhard am 21. April 1874. Seine 
Nachfolger Scalabrini und Reichlin fekten sein Werk eifrig fort, die 
!) Der altkatholische Bis<of Herzog sc<rieb seine Biographie (Solo- 
thurn 1890). Mit Recht betrachten die Altkatholiken Kälin als den Ihrigen. 
Vergl. oben S. 665. 
2) I. G. Mayer, Zoh. Sebastian Reinhard, Pfarrer in Zürich. So- 
lothurn 1874. 
70"
	        

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