Volltext: Geschichte des Bistums Chur

Von Bischof Tello bis Bischof Gerbrath. 3 
alemannischen Klerus und mehreren schwäbischen Großen. Auch der 
hl. Gallus war mit dem rätischen Diakone Johannes anwesend. Der 
Herzog eröffnete die Versammlung mit einem Gebete, „damit ein 
Bischof erwählt werde, der tauglich ist zur Regierung des gläubigen 
Volke3 und voll von Hirteneifer für die Kirche des Herrn“. Sogleich 
erwiderte der anwesende Kleru35: „Gallus hat ein gutes Zeugnis 
von uns allen, die sein Leben kennen, er ist erfahren in den heiligen 
Schriften und voll WeiSheit, gerecht und keusch, sanftmütig und de- 
mütig, mildtätig und mäßig und voll Geduld, ein Vater der Waijen 
und Witwen, es geziemt sich, daß er den Bischofsstuhl einnehme.“ 
Auf dies sprach der Herzog zu Gall: „Hörst du, was sie da 
sagen und wollen?“ Aber der fromme Vater erwiderte: „Möchte 
es wahr sein, was sie von mir sagen! Es ist ihnen jedoch entgan- 
gen, daß die hl. Kanones es mißraten, einen umherrveijenden Frem- 
den zum Bischofe zu bestellen. Aber es ist ein Diakon bei mir, mit 
Namen Johanne3, dem das gute Zeugnis gebührt, das jene mir 
geben, zudem ist er aus dieser Gegend. Den hat Gott jelber er- 
wählt und ihn empfehle ich euch zur Beförderung.“ 
Auf dieses hin führten die anwesenden Bischöfe den Johannes 
unter dem Beifalle des Volkes und des Klerus zum Altare und er- 
teilten ihm die hl. Weihen. *) Hier haben wir alle Faktoren, wie sie 
in jener Zeit zusammenwirkten: Der Herzog im Namen des Königs, 
das Zeugnis des Volkes und der Geistlichkeit, die eigentlich ent- 
scheidenden Nachbarbischöfe. 
Bezüglich Chur haben wir früher gesehen, daß im 7. und 8. 
Jahrhundert meistens Glieder des landesfürstlichen Geschlechtes Der 
Viktoriden auf den bischöflichen Stuhl erhoben wurden. Bei den 
bezüglichen Wahlen dürften wohl auch die mächtigen Präsides einen 
Einfluß auf das Zeugnis des Volkes oder auf die Entscheidung der 
Komprovinzialen ausgeübt haben. Als dann von Tello bis Reme- 
dius die weltliche mit der geistlichen Gewalt vereinigt war, hätte 
dieses Verhältnis gewiß auch auf den Wahlmodus einwirken müssen, 
wenn nicht eine doppelte Wahl stattgefunden hätte. Es scheint aber 
wirklich der Fall gewesen zu sein, daß die Bischöfe zuerst auf die 
gewöhnliche Weise erwählt, nachher aber durch eine eigentliche Volks8- 
wahl und durch die Bestätigung des Königs zu weltlichen Herrschern, 
erforen wurden. Damals waren ja die beiden Gewalten nicht an 
und für sich miteinander verbunden, sondern die Bischöfe Tello 
1) Walahfried Strabo. 
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