116 Joseph Bergmann. Beiträge zu einer kritischen Geschichte Vorarlbergs
was mit kleinen Unkosten zu thun wäre, Sie schicken ihren Rathsfreund und Boten Hannsen Sude-
rellen ') und Heinrich Schuoppen, die Seine Majestät gnädiglich anhören und wie ihnen selbst
glauben wolle. Zum Schlusse bitten sie, Seine Majestät möge sie jeder Zeit mit gnädiger Hilfe und einer
Antwort bedenken. — Es unterzeichnen sich als arme, gehorsame Unterthanen die ganze; Gemeinde im
Walgau, in den vier Herrschaften Bludenz sammt dem Thale Montafun. Sonnenberg, Jagdberg und
Blumenegg.
Nach dieser Episode, die uns ein trauriges Bild von der bedrängten Lage der armen Walgauer dar-
bietet, kehren wir zu jenem Kriegsvolke zurück, das K. Maximilian am 18. Mai von Feldkirch nach
Tirol voraus entsandte. Dasselbe kam zu der blutigen Schlacht bei Mals (22. Mai) zu spät, an der auch
viele Walgauer und Bregenzerwälder , die nach dem Unglückstage bei Frastanz unter Niklas von Brandis
dahin gezogen waren, Antheil genommen haben. Am 2%. war der König zu Landeck, wo er den folgenden
Tag den umständlichen Bericht über die gänzliche Niederlage der Seinigen erhielt. Am 28. Mai rückte
er von Landeck über Naudersberg nach Glurns mit 8000 wohlgerüsteten Kriegern, befahl voll Thränen
über den jammervollen Anblick die Todten zu beerdigen , beschloss blutige Vergeltung und liess durch
den Hauptmann des Nürnbergischen Contingents, Wilibald Pirkheimer, mit 200 Mann einen
Transport Lebensmittel, die der Herzog von Mailand aus dem Veltlin schickte, über das Wormser Joch
geleiten *).
Während es in Tirol für die Eidgenossen vollauf zu thun gab, blieb Vorarlberg unangegriffen. Auf
die Kunde, dass die Bündner zu Davös eine grosse Macht sammeln und den Walgau bedrohen , verliess
der König ein Land, in dem — wie Prof. Jäger, S. 134 treffend sagt — die allgemeine Noth keine Ret-
tungsmittel darbot und der furchtbare Mangel seine mitgebrachten Scharen aufzureiben drohte, und zog
noch vor dem 20. Juni über den Arlberg hinaus zur Armee am Rhein. Am 7. Juli wünschte er, dass man
ihm 3000 Mann, den Kern des Volkes über den Arlberg gen Feldkirch zu einer Action gegen Bünden
zusende. welche aber Leonhard v. Völs, dessen Umsicht und Thatkraft nun Tirol ganz überlassen war,
wegen der beständigen Einfälle der Graubündner nicht zuschicken konnte. Auch missstimmte diese For-
derung das tirolische Volk gegen ihre Befehlshaber, weil es sich nicht über die Grenze seines Landes
brauchen lassen wollte ; überdies mangelte es an Sold, so dass die Knechte, zumal der Meisten Dienstzeit
abgelaufen war, scharenweise davon liefen. Nach einem Schreiben der Räthe und Ritter aus Landeck
am 30. Juli waren dem königlichen Befehle zufolge sie mit allen Knechten, deren sie mächtig werden
konnten, zum Zuge nach Vorarlberg bis Landeck vorgerückt; wie sie aber, gleichfalls auf k. Befehl, den
Weitermarsch einstellten, die Knechte ins Lager entliessen, die Pässe Ischgl, Galtür, und Pfunds besetzten,
und nur Anton Freiherr von Yffan mit den übrigen Knechten gen Bludenz vorrücken wollte, erfuhren sie
von Seite der Hauptleute, Fähnriche und gemeinen Knechte der Gotteshausleute von Trient und Brixen,
anderer Städte und Gerichte einen solchen Ungehorsam, dass ein Theil derselben mit Gewalt das Land hinab,
ein anderer sogar über das Wormser Joch dem Herzog von Mailand zulief. Der Landeshauptmann und
andere Befehlshaber waren sogar in Todesgefahr gerathen (Jäger, S. 148). Ja Anton von Yffan, der am
2. August schon auf dem Marsche über den Arlberg war, musste wieder umkehren, weil sich an der Grenze
bei 800 Engadiner zu einem Einfalle sammelten. Eben so ungünstig wie in Tirol waren die Einfälle von
(‚indau nach Rorschach (20. Juli), wo zwar 75 Eidgenossen der nachlässigen Besatzung mit dem Land-
ı) Noch lebt das Geschlecht Sudrell oder Zudrell im Montavon.
2) Im XIV. Jahrhundert war der Pass über die Alpen, der vom Comersee durch das Veltlin und die Grafschaft Bormio über den Umbrail oder das
Freeler Thal ins Münsterthal und von da über Glurns oder Mails ins Innthal führte, sehr bekannt. Seit der Eroberung des Veltlins durch die
Bündner 1516 wurde diese Strasse vernachlässigt, und ging nach und nach zu Grunde, weil man der Republik Venedig, der dieser Pass
äusserst nachtheilig und zuwider war, nicht vor den Kopf stossen wollte, als dieselbe aber im J. 1764 die Allianz mit Bünden wieder aufhob,
so dachte man wieder an diese Strasse. Die österreichische Regierung hat nun in jener Richtung über das Stilfser Joch eine Wunderstrasse
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