Volltext: Beiträge zu einer kritischen Geschichte Vorarlbergs und der angrenzenden Gebiete besonders in der ältesten und älteren Zeit

und der angrenzenden Gebiete , besonders in der ältesten und älteren Zeit. 
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vielleicht trauernde Engel (oder Sonne und Mond personificirt, wie man dies bis zum XII. Jahrhunderte 
häufig findet). 
Das Täfelchen über dem Haupte des Erlösers mit goldenen Charakteren auf blauer Email enthält keine 
deutliche Inschrift ; in der untern Zeile sieht man ein X, P und ein liegendes, lateinisches S, in den obern 
drei Zeichen, deren mittleres einem H gleicht, wahrscheinlich die durch den des Schreibens unkundigen 
Künstler entstellte Aufschrift: IHX,. XPX; wie man solche Irrthümer im Mittelalter, besonders bei Glocken- 
inschriften und dergl. häufig findet. — Unten am Kreuze ist eine jugendliche Figur (bis an die Kniee) zu 
sehen, unbärtig, in der Linken ein Buch haltend, wahrscheinlich der h. Johannes; das Untergewand ist 
mit blauem, der Mantel, welcher mit seinen parallelen vergoldeten Falten senkrecht anliegt, mit grünem 
Schmelzwerk ausgelegt. 
Die Rückseite des Crucifixes zeigt in der Mitte, an der Durchschneidung der Kreuzesarme auf 
blauem Emailgrunde den auf dem Regenbogen sitzenden, verherrlichten Erlöser (nach Apokal, IV, 3), 
die Rechte segnend erhoben, in der Linken das Buch des Lebens haltend (Ebd. XX, 12). Er ist ebenfalls 
unbärtig, mit einem langen, faltenreichen Gewande bekleidet, die Füsse auseinander gesetzt, von auffallend 
langgestreckter Proportion. In den Nimbus ist nach altherkömmlicher Weise ein breites Kreuz von rother 
Email eingezeichnet. Er ist , wie bei dieser Darstellung gewöhnlich, von den Symbolen der vier Evan- 
gelisten umgeben, welche in Vierpässen nicht ganz an den Enden der Kreuzbalken angebracht sind ; doch 
ist hier, sonderbarer Weise, unten der Engel des h. Matthäus dargestellt, die drei übrigen sind ganz 
gleich, nämlich Adlerköpfe mit Nimben und ausgebreiteten Flügeln, wohl wieder ein Irrthum des Künstlers, 
der das Symbol des Evangelisten Johannes drei Male gab, statt Adler, Löwe und Ochs. Das Zeichen unter 
dem Salvatorsbilde scheint ein nicht ganz richtig gezeichnetes Monogramm Christi mit dem Kreuze : + zu 
sein, wie man es auf ältern, besonders griechischen Bildwerken sehr häufig findet. 
Nach den Eigenthümlichkeiten der Darstellungsweise sowohl, wie nach dem Charakter und Styl der 
Zeichnung zu urtheilen, dürfte dieses Crucifix aus dem XII. Jahrhunderte stammen, aus der Zeit, wo in 
Deutschland neben dem Fortbestande des byzantinischen Einflusses schon ‘die allmähliche Befreiung von 
den herkömmlichen "Typen bemerkbar wird. 
Anmerkung. Ein ähnliches, jedoch unvergoldetes, bärtiges, bei weitem roher gearbeitetes Christusbild befindet 
sich im k. k. Antiken-Cabinete in Wien; ein anderes, jedoch etwas jüngeres im österr. Stifte 
Zwetl; ein in Technik und Styl mit dem oben besprochenen ziemlich übereinstimmendes zu St. Gode- 
hard in Hildesheim. 
Bevor ich aber das Detail der mittelalterlichen Geschichte dieser Gegend, die seit Jahrhunderten der 
Walgau (Vallis Drusiana) heisst, behandle, will ich in die Zeit des Kaisers Augustus, durch dessen 
Adoptivsöhne auch dieser Landstrich römisch geworden , zurückgehen und dann mit den Tagen Karls des 
Grossen anknüpfend die urkundlich erhebbaren Orte und Personen ans Licht treten lassen. 
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Drusus erobert Rhätien. Druser-Thal (vallis Drusiana), Druser-Thor, Neuere Kriegszüge (1622 und 1799) über 
die Kette des Rhäticon, 
A. Mündliche Überlieferung und die älteren rhätischen *) Geschichtsschreiber, wie Guler, Sprecher 
von Berneck, Gabriel Bucelin ete. *) wollen den Namen VallisDrusiana, romanisch ValDruschaun 
') Raetia ohne Aspiration steht auf römischen Inschriften; die Handschriften haben gewöhnlich Rhaetia. Of, Oudendorp ad Sueton, Au- 
gust 21; Horat, edit, Orelli. 1850. 1. 545. 
Vgl. Guler’s Raetia, Zürich 1616, S, 15. 220 b und 221 ; Fortunat Sprecher’s von Berneck PallasRhaetica, Basel 1617.58. 16. Bucelini 
Rhaetia sacra et profana. Augustae Vindelicor. 1666 p. 27 et 28, — Gabriel Bucelin (Buzlin) im J, 1599 zu Diessenhofen im Thurgau 
geboren, ward 1616 Ordensmitglied in Weingarten, durch dreissig Jahre Prior zu St. Johann in Feldkirch, das diesem Stifte damals 
gehörte, Er starb hochbetagt 1651, nach Einigen in Weingarten , nach Weizenegger — Merckle II. 178 zu Feldkireh. — Seine Werke, beson- 
ders die Geschlechtstafeln, an denen die adeligen Familien am meisten Freude hatten, sind mit grosser Vorsicht zu brauchen. Wo er selbst gute 
Quellen benutzte, ist er brauchbar.
	        

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