Volltext: Beiträge zu einer kritischen Geschichte Vorarlbergs und der angrenzenden Gebiete besonders in der ältesten und älteren Zeit

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Joseph Bergmann. Beiträge zu einer kritischen Geschichte Vorarlbergs 
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Probe der Davoser Mundart. (Vergl. S. 149, Anm. 2). 
Die Sprache der Davoser war von jeher die deutsche, obgleich in den sie umgebenden Land- 
schaften ursprünglich überall die romanische geherrscht und zum Theil sich bis auf den heutigen Tag 
erhalten hat. Auch die Davoser Orts- und Familiennamen bezeugen deutsche Abkunft. Wenn ich 
auch über die Mundart der Walliser sowohl in ihrer Heimat als auch in ihren Ansiedelungen in Graubünden 
und in Vorarlberg in den Wiener Jahrbüchern, Bd. CYVIII (1844), Anzeigebl. S. 14—36 gesprochen und 
daselbst Sprachpreben mitgetheilt habe, so will ich hier zum Schlusse eine Probe des Davoser Dialectes, 
die ich aus „Erstes Lesebüchlein für die evangelischen Volksschulen in Graubünden. Chur 1844, Th. I, 93” 
daselbst copirte, mit einigen Anmerkungen anfügen. 
Der alt Ehni und z’Ehnikli ‘). 
„Es ist e mal en altä Man g’sin, där chum*) het chönnen gahn, däm d’ Chneu gezittert hain, und där 
schlächt g’hört und g’sehn und au kein Zend meh *) g’han het. Wenn er denn bim Tisch g’sässen ist und 
de Löffel chum het heben chönnen, het er d’Suppa uf’s Tischlachen g’schütt und ist mu*) au widrum ätes 
us em Mül g’runnen. Schim Sun und dessen Wihb het drab gruset und der alt Ehni het schich endlich dess- 
wägen hinder den Ofen in es Egg setzen müössen, und schi hain mu dert schins Ässen. in es irdes 
Schüsseli gän und no derzu nit emol gnuog. Da het er denn trurig na em Tisch gluoget und nassi 
Augen überchö. Emal hain au schin zittrigi Hend z’Schüsseli nümä °) heben chönnen, und es ist mu an 
den Boden g’fallen und zerbrochen. Das jung Wib het drüber mit mu kibet °), är aber het nüd g’seid ’) und 
nue g’süfzget. Darna hainsch mu denn für e paar Heller es hölzes Schüsseli kauft, us däm er het ässen 
müössen. Emol da’sch (da sie) so bin enandre g’sässen sin, het das chlein Enikli chleini Britjeni®) zämmen 
getragen und duo het’s d’rÄtti g’freget: „Was mach’st du da?” „I mache es Trögli, us däm söllen d’r Ätti 
und d’Muotter ässe, wenn i grossä bin.„ Uf das hain Man und Wib en andren e Wil angluoget und 
endlich ang fangen räge *) und glich den alten Ehni an den Tisch 14 chon und darna albig ) mit un (ihnen) 
län ässen, hain au nüd meh g’seid, wenn er ätes verschütt het.” — 
Die Davoser Mundart ist. wie diese Probe zeigt die schweizerisch-deutsche, und zum Theil dem 
Dialecte im Prätigau, um Chur. Vadüz und Feldkirch sehr ähnlich. 
1) Öfter hört man @ statt.e, z. B. är. dssen. ätes. .däm, där, schlächt, wägen, d. i. er, essen, etes 
(etwas), dem, der, schlecht, wegen. 
2) 4 statt des spätern ei, z. B. bim, glich, Wib, Wil, statt beim, gleich (sogleich), Weib. Weile; 
so auch @ statt des spätern au, als grüse, Mal, trürig, üf, üs, für grausen, Maul, traurig, auf, aus. 
3) Ch steht statt k, als chönnen, chö, chneu für können, kommen, Knie. 
4) Häufig wird nur die Stammsylbe ausgesprochen, als 1ä chön und län ässen, d.i. lassen kommen, 
und lassen essen, so überchö = überkommen; gän, aus ge-geben. N 
Echt walserisch sowohl in Davos als auch bei den Walsern in Vorarlberg ist das aspirirte sch statt s, 
z. B. schi hain, schim, schich, schin, schins, statt sie haben, seinem, sich, seinen, seines; dann 
es für das, z. B. es Trögli, das Tröglein; in es Egg. in das Egg; in es irdes Schüsseli, in das 
ırdene Schüsselein. 
‘) Das ist der Grossvater (Ehni von an, en) und Enkel; ?*) eh um-kaum, Kömmt Chum im Volksmunde vor? Ist es nicht vielmehr von einem 
Studierten aus der Schriftsprache aufgenommen worden? %) meh, mittelhochd. m@, mehr; *) mu, gleichsam ’mu aus dem althochdeutschen 
imu, in späterer Schwächung ime, dann im und unser ihm; 5) nümä, niem@, d. i. nimmer; %) kibet, part. perf. ohne die Vorsylbe ge-, 
von kiben, scheltend zanken , ausschelten, der kib, das Keifen, der Zank, auch hörte ich kifern, von Kiefer? 7) g’seid, geseit, 
gesagt; ®) Britj&ni, dimin. von Brett, also Brettchen; Brittler heisst im innern Bregenzerwald ein aus Brettern gemachter Schlitten 
für Knaben; °) rägen, auch räägen, räken, verb., unangenehm widrige Töne von sich geben, z. B. wenn man rauhhälsig redet, 
singt, oder weint. Vgl. Stalder: 1%) albig, allweil, immer, wahrsch. aus all und w eg verdorben.
	        

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