Volltext: Beiträge zu einer kritischen Geschichte Vorarlbergs und der angrenzenden Gebiete besonders in der ältesten und älteren Zeit

und der angrenzenden Gebiete, besonders in der ältesten und älteren Zeit. 
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dass nach dem Erlöschen (1459) der Freiherren von Räzüns der Haupttheil, nämlich die Herrschaft 
Räzüns mit ihren vier Dörfern, als Räzüns, Bonaduz, Ems und Feldsberg (roman. F agoing), durch Ursula 
von Räzüns an deren Sohn Jost Nikolaus, Grafen von Zollern kam, der in den obern Bund schwur. 
Neben ihm erbte Georg Schenk von Limpurg, der später seinen Antheil dem Grafen abtrat ‘). Dieser gab 
die Herrschaft Konradinen von Marmels anfangs zur Verwaltung und das Einkommen zur Verrech- 
nung, hernach aber im Jahre 1483 um 7000 Gulden mit dem Rechte der Wiedereinlösung ?). Im Jahre 
1497 war K. Maximilian I, mit des Grafen Jost Nikolaus Sohne Eitel Friedrich , dem ersten Reichskammer- 
richter, dann dessen Obersthofmeister, um die Herrschaft Räzüns in Kaufverhandlung. Da aber die Bünde 
über einen solchen Käufer ihr Missfallen äusserten , stand der römische König vom Kaufe ab, und Herr von 
Marmels verblieb bei der Inhabung. Bald aber vertauschte und übergab Se. Majestät dem Grafen Schloss, 
Stadt und Herrschaft Haigerloch, die von dem Herzoge von Wirtemberg um 13,500 Gulden eingelöst worden, 
und erhielt dafür Schloss und Herrschaft Räzüns, wie sie von des Grafen Vater dem Konradin von Marmels 
versetzt waren , und mit dem Vorbehalt den Schenken von Erbach *) die 200 Gulden Gelds (d. i. Jährlicher 
Gülte) mit 4000 Gulden aus dem Gerichte Übersaxen auszulösen. Der von Marmels stellte im Jahre 1497 
dem König über die vorbehaltene Wiedereinlösung einen neuen Revers ‘aus. Diese erfolgte nach Campell 
von Maximilian’s I. Enkel, dem K, Ferdinand I., im Jahre 1549, Sie wurde im Jahre 1558 um 13,000 
rheinische Gulden an Johann von Planta, Dr. der Rechte, wieder verpfändet, und verblieb dann wechselnd bei 
den verschwägerten Familien von Stampa und Planta, bis sie Kaiser Leopold I. im Jahre 1680 einlöste. 
Nun wurde dem Baron Johann von Travers, dem man kurz vorher die Herrschaft Imst in Tirol ablöste , die 
Herrschaft Räzüns überlassen. Auch wollte er in den Besitz der Herrschaft Trasp mit aller ihrer Zugehör 
lehens- oder pfandweise gelangen. Der Kaiser willigte , besonders da von Travers kein österreichischer 
Unterthan war, nicht ein, sondern gab sie, wie erwähnt, dem Fürsten Ferdinand von Dietrichstein. 
Der Herr von Räzüns überragte zu Campell’s Zeit an Macht und Ansehen selbst den Landrichter, 
der im ganzen obern Bunde die erste Stelle bekleidete. Österreich hatte wegen dieser Herrschaft die 
Gerechtsame, dass es jährlich aus drei ihm vorgeschlagenen Personen einen Ammann wählen konnte, dass 
ihm von den Herrschaftsleuten der Zehnte erlegt werden musste, wovon die von Ems sich losgekauft 
hatten, dass es den Boten des grauen Bundes alle drei Jahre drei Personen zu der Würde eines Land- 
richters vorschlug , aus denen sie einen zu wählen hatten *); dass es die Geldstrafen einzog, dafür aber 
die Gerichtskosten allein tragen musste. — Räzüns kehrte zu Anfang des XVIII. Jahrhunderts in Österreichs 
unmittelbaren Besitz zurück und war der Sitz österreichischer Gesandten in Bünden und Verwalter der 
Herrschaft , kam im Schönbrunner Frieden am 1%. October 1809 an K. Napoleon *), und fiel 1814 an 
Kaiser Franz I. zurück, der ddo. Wien am 20. März 1815 diese Enclave dem Kanton Graubünden über- 
liess. und diese Declaration am 9. Juni im Haupt-Instrumente des Wiener Congresses, Art. 78. bestätigte °). 
*‘) Nach v. Sprecher’s Pallas Rhaetica, pag. 206, v. Salis — Seewis, Abtheil. I, 85 und Andern. — Wie kommt Georg Schenk von 
Limpurg zu dieser Miterbschaft, indem nach Hübner’s genealog. Tabelle II, Nr. 612, er mit den erloschenenFreiherren von Räzüns weder 
von mütterlicher Seite blutsverwandt, noch irgend wie mit denselben verschwägert war? Diese Abtretung muss, wenn sie von ihm und nicht 
von seinen Söhnen geschehen ist, vor 1475, 12. Mai, dem Tage seines Hinscheidens, erfolgt sein. 
- Nach einer Aufzeichnung im k. k. geheimen Haus- und Staatsarchive, nach Campell im J. 1490. 
Hier finden wir einen mit dem vorigen doppelgängerischen Schenken, einen — von Erbach. Nach der Aufzeichnung, der wir so eben 
unter 2) erwähnten , hatte der Schenk von Erbach diese Forderung an das Gericht und die Gemeinde Übersaxen, die zur Herrschaft 
Räzüns gehörten. Aus Daniel Schneider’s quellengemässer Historie und Stammtafel des hochgräflichen Hauses Erbach, Frankfurt 1736, 
Stammtafel A und S. 143 erheilet, dass auch Georg Schenk von Erbach weder durch seine Mutter Luitgard v. Eppstein oder eine seiner 
Gross- oder Urgrossmütter, noch durch seine Gemahlin Cordula, Tochter Johann’s Herrn von Hag, diessfällige Erbrechte hatte. Da Georg 
am 27. März 1481 starb, so waren später seine Söhne und Erben, deren ältesten Eberhard, der K. Karl V. im J. 1532 in den Reichs- 
grafenstand erhoben, auszulösen. Die Schenken von Erbach — und, wie es scheint, nicht von Limpurg — gründeten diese ihre Forderun- 
gen sicherlich auf einen anderen Rechtstitel als auf die Verwandtschaft mit den Brün (Braun), Freiherrn von Räzüns, 
\ Büsching’s neue Erdbeschreibung 1762, Th. IV, S. 553. 
| Dr. Venturini’s Chronik des XIX. Jahrhunderts. Bd. VI, 276. 
“) Europäische Annalen. Tübingen 1816, Bd. II. Cod. diplom. pag. 5- 
Denkschriften der philos.-histor. C1. IV. Bd. 
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