und der angrenzenden Gebiete, besonders in der ältesten und älteren Zeit.
sogenannte Erbeinigung‘) sind eingeschlossen: die Grafschaft Tirol und die österreichischen Herr-
schaften und Lande enhalb des Arls (Vorarlberg) bis an den Bodensee?) einerseits, und der Bischof von
Chur sammt dem Domecapitel, wie auch die drei Bünde in Churwalhen andererseits. Die Hauptartikel
dieser Erbeinigung sind: 1) Beide Theile sollen in allen Geschäften und Angelegenheiten gegen einander
getreue , gute Nachbarschaft halten; kein Theil durch seine Schlösser, Lande oder Gebiete den andern
angreifen, überziehen oder beschädigen lassen. sondern jeder solche Angriffe nach seinem besten Ver-
mögen wenden und wehren. 2) Beide Theile sollen und wollen wider einander weder sein noch freventlich
handeln, sondern hei etwaigen Misshelligkeiten und Spänen sich billiger, gemeiner und gleicher Rechte
benügen lassen; würde aber die Streitsache nicht gütlich ausgetragen, so soll von beiden Parteien ein
unverwandter, d. i. unbetheiligter Obmann — oder nach Gestalt der Sache zwei, nämlich von jedem Theile
ein landsässiger Mann für einen — genommen und ernannt werden. Vor diesen Obmann haben beide
Parteien mit einander zum Rechte zu kommen; und wenn zwei Obmänner — nämlich auf jeder Seite
einer — sind, so nimmt deren jeder noch zwei ehrbare, verständige und unpartei’sche Männer (Zusätze
genannt) an die Seite , hört und verhört die Gegenpartei. Die Tagsatzung muss auf des Klägers Forderung
binnen Monatsfrist angeordnet werden, und der Obmann mit seinen Beihelfern von der Obrigkeit einen
leiblichen Eid schwören, den Handel, wenn er nicht gütlich beigelegt werden kann , in vier Monaten recht-
lich zu ‚entscheiden. Dem ergangenen einhelligen oder von der Mehrheit gefällten Urtheile haben beide
Theile ohne weiteres Fürwort, ohne alles Verweigern und Appelliren nachzukommen und genug zu thun,
Wenn während des Rechtsganges der Obmann stirbt, erkrankt oder sonst wie immer unfähig oder abge-
setzt wird , so hat unverzüglich die Obrigkeit beider Parteien allzeit an des Verstorbenen oder Entsetzten
Stelle einen andern zu ernennen. 3) Einzelne Personen eines Theiles, so an einzelne Personen des
anderen Theiles Forderungen und Ansprüche haben, sollen dem Antworter, d. i. dem Beklagten vor sein
ordentliches Gericht, in dem er sesshaft oder wohin er gerichtsgehörig ist , nachfolgen, und ohne einige
Widerrede. sich des Rechtes benügen lassen; würde aber dem Kläger daselbst das Recht offen versagt und
er augenfällig rechtlos gelassen, so kann: er sich an eine andere Obrigkeit wenden. 4) Sollten fremde,
ausländische Personen in das Gebiet der Erbeinigung kommen , an die Jemand in dem anderen Theile For-
derungen oder Ansprüche hat, so verspricht man sich gegenseitig, jene Fremden auf Begehren und gegen
Ersatz der etwaigen Unkosten aufzuhalten und gegen sie das Recht handzuhaben. 5) Wenn durch Vögte,
Pfleger, Richter oder Ammann eine Person wegen Todschlages, Absagens oder anderer Verhandlungen nicht
zu Recht gebracht werden kann, so verfällt dieselbe in Bann und Acht und erhält in den Erbeinigungs-
Minden weder Aufenthalt noch Vorschub, sondern sie soll nach geschehener Anzeige auf des andern Theils
Begehren gegen Ersatz der Unkosten, wie sich nach vorausgegangenem Bann und Acht gebührt , behan-
delt: und gerichtet werden. 6) Jeder Theil soll durch sein Land, Städte, Schlösser und Gebiete alles das,
was die Nothdurft erfordert. zu freiem ,. feilem Kaufe zugehen lassen , Gottes Gewalt und Herrn Noth ausge-
schlossen; auch soll kein Theil solch erkauftes Gut den Feinden des andern weiter zugehen lassen oder
zu kaufen geben; die beiderseitigen Strassen bleiben ohne neue Beschwerung , Mauth, Zölle oder Auflage
offen und frei. 7) Sollte künftighin ein "Theil vom anderen Hilfe in Kriegsnöthen , Knechte und Sold
begehren und erfordern, so wird solchen Knechten, die willig, gern und aus eigener Bewegnuss um
Sold reisen und ziehen wollen, ohne Verbot freies Ziehen erlaubt; jedoch sollen sie nicht ferner und
weiter als in den eben bestimmten Kreisen, Grafschaften, Herrschaften und Landen , Bünden und Gebieten
zu dienen schuldig sein. Falls aber ein Theil ihrer selbst bedarf. so kann er sie mit Verbot daheim behalten
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‘') Die Urkunde habe ich aus der Bibliotheca Tirol, des sel. Präsidenten Freiherrn Dipauli von Treuheim im Bande 83 der Wiener Jahrb.
der Literatur, Anzeigebl. S. 35 —40, mitgetheilt,
') Ich ziehe auch die nordöstlich vom Bodensee gelegene österr. Herrschaft Hohenegg (einen Haupttheil des jetzigen k. baierischen Land-
gerichtes Weiler) hieher, weil sie in ihrer Verwaltung mit Bregenz vereint war.
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