Geschichtlicher Abriss.
auf den unbewohnten Höhen Güter an, trieben Alpwirtschaft und
Viehzucht, und da sie freien, eigenen Grundbesitz hatten, nannten
sie sich „die freien Walser“. Bis auf den heutigen Tag haben sie
die aus der Stammheimat mitgebrachte Mundart und viele alt-
angestammte Lebensgewohnheiten bewahrt.
Ein Land Vorarlberg oder Liechtenstein im jetzigen Sinne des
Wortes gab es im Mittelalter nicht, sondern die beiden Gebiete
waren in den Besitz eines zahlreichen Adels zersplittert, unter dem
die Grafen von Bregenz und ihre mächtigen Erben, drei in mehrere
Linien sich spaltende Grafengeschlechter der Montfort besonderen
Glanz erlangten. Diese Dynastien, aber auch die Grafen von Werden-
berg, Sargans, Vaduz und die Herren von Schellenberg, die sich
ihnen im Besitz der Hoheitsrechte durch Erbe oder Heirat zuge-
sellten, wurden die Erbauer der Burgen und Schlösser, die zum Teil
wohlerhalten, zum Teil als Ruinen von Hügeln und Bergen auf die
Gestade des Rheins und der Ill niederbliceken, zum Teil aber in
den Kriegsläufen der Jahrhunderte vollständig verschwunden sind.
Dynastische Fehden bewegten das Land, bald erblasste das eine,
bald das andere Geschlecht und wechselten die einzelnen Täler die
Herrschaft. Dabei wurde besonders ein Vorgang für die spätere
Landesgeschichte wichtig. Durch Kauf und Pfänder, die nicht
mehr eingelöst werden konnten, gingen stets mehr Herrschaften
in den Besitz der Herzoge von Österreich über. Das Haus Hahs-
burg legte damit die Grundlage für die spätere Angliederung Vor-
arlbergs an den Kaiserstaat Österreich, ein geschichtlicher Prozess
entwickelte sich, den erst das 19. Jahrhundert zur Reife brachte:
die Bildung des Kronlandes Vorarhberg.
Krieg und Schlacht haben Vorarlberg und Liechtenstein im
Laufe der Zeiten genug gesehen. Es waren die Ereignisse in
der benachbarten Schweiz, die jedesmal auch am rechten Rhein-
ufer Widerhall fanden. So als sich die Appenzeller im Jahr 14083
gegen dıe Herrschaft des Abtes von St. Gallen empört und in zwei
siegreichen Schlachten die mit ihm verbündeten schwäbischen Städte
und Herren über Rhein und See zurückgejagt hatten. Da unter-
nahmen die freiheitstrunkenen. Sennen nach allen Richtungen, auch
nach Vorarlberg und Tirol, Streifzüge und forderten die Bauern zum
Anschluss an ihre Republik anf. Sie fanden williges Gehör, der
Bund ob dem See“ entstand. dem sich neben verschiedenen Land-
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