Das Klostertal und der Arlberg.
ıN uralters her ist der Arlberg, die Einsenkung zwischen
Jer Verwallkette und den Lechtaleralpen ein Völkerweg.
m frühen Mittelalter war er nur ein Saumpfad, aber
ll . * uq des 14. Jahrhunderts schon wurde er zu einer Strasse
erweiter, die Ross und Reisigen sichern Übergang gestattete.
Maria Theresia und Kaiser Joseph wandten dem Pass ihre Sorge
zu, aber die Prachtstrasse, die sich jetzt als ein weisses Band des
Lebens vom Vorarlberg über die grünen Höhen nach Tirol zieht,
wurde erst unter Kaiser Franz in den Jahren 1823 und 1824 gebaut.
Sie galt dem damaligen Geschlecht als ein bewunderungswürdiger
Sieg des menschlichen Geistes über die rauhen Gewalten der Hoch-
gebirgsnatur. Und Sommer und Winter, Tag und Nacht zogen
mit hellem Pferdegeläute die Fuhren von Tal zu Tal über den Berg.
Sie brachten Vorarlberg und Liechtenstein Salz, Wein, Getreide
und Kolonialwaren, und seiner jungen Industrie, für welche die
Strasse eine Lebensnotwendigkeit war, die Lasten der Baumwolle.
Die mit Sommergästen besetzte Postkutsche und der leichte Reise-
wagen überholten die ächzenden Fuhren. Ja, was stieg an Men-
schen und Bildern den Arlberg hinauf, den Arlberg hernieder? Der
Handwerksbursche mit dem Felleisen und der Student mit dem
Herzen voll Lieder, die betenden Pilgerscharen und die Soldaten-
heere in Wehr und Waffen, und wie mancher jener Vorarlberger,
die als Handwerker ein Stück Brot in fernen Landen suchen gingen,
winkten vom Berg bewegten Sinns noch einmal Lebewohl ins Land
ihrer Lieben oder grüssten es im Herbstglanze mit der innigen
Freude des Heimwärtskehrenden. Scheiden und Meiden und Wieder-
sehen und Träume von Glück und Liebe gingen die Strasse, Nun
aber liegt sie verödet. Über und unter ihr dahin sausen und brausen
die Züge der Arlbergbahn durch die Stützen und Pfeiler der Berge
und donnern selbst in schlafender Mitternacht über die Brücken,
J. C. Heer, Liechtenstein und Vorarlberg.
17