Geographische Übersicht.
Gerade in jenen Alpengegenden aber, wo die Vegetation um
ein Sommerdasein von wenigen Wochen kämpft, entfaltet sich die
farbensatte Pracht der Alpenflora. Bis in die Höhe von zweitausend
Meter überdeckt der Alpenrosenstrauch die Hänge mit der Glut
seiner Blüten, aus dem schmelzenden Schnee hervor brechen die
kleinern und grössern Enziane mit ihrem bezaubernd tiefen Blau,
die eigenartigen Steinbrech, die zierlich gefransten Glöckchen der
Soldanellen, das dichte Rasen bildende Zwergleimkraut, die rot-
violette, innen golden getupfte Blumenkrone des Alpenleimkrautes,
das tiefblaue Alpenvergissmeinnicht, der schöne Felsehrenpreis und
die mannigfaltigen Anemonen. Da blühen die Alpennelken und die
süssduftende Alpenaurikel, die wie Vanille riechende Braunelle, die
niedern Mannsschilde, die poesieumwobene Edelraute und das an
den einen Bergen seltene, an andern aber ziemlich häufige KEdel-
weiss, und als Spätling des Sommers die Bergaster.
Mit der Pflanzenwelt verbunden, entfaltet sich das alpine Tier-
leben, und auf der von üppiger Fülle der Tiefen zu ärmlicher Karg-
heit der Höhen emporsteigenden Scholle kämpft der Mensch um
ein freundliches Dasein. Seit grauer Zeit ist die Geschichte über
die Bergländer gegangen und hat ihre Sagen, ihre Überlieferungen,
Inschriften und Denkmäler in die Täler und über die Berge
zerstreut. Sie winkt uns in alten Kapellen, Kirchen und Klöstern,
in Schlössern und Ruinen, sie liegt in der Sitte und dem Brauch,
in den Anschauungen und der Sprache des Volkes, das besonders in
den stillen Bergtälern viel ursprüngliches Kulturgut behalten hat,
Blättern wir ein wenig in den vergangenen Volksgeschicken!