Volltext: Vorarlberg und Liechtenstein

Der innere Walgau und seine Täler. a 
Das von Ahornbäumen umschirmte Stimmungsbild der kleinen 
Propstei St. Gerold hemmt den Wanderschritt. Ein graues, altehr- 
würdiges Gebäude, daneben dıe Kirche und einige Gehöfte. Das ist 
die Idylle! In der Kirche fesseln zwei einfache Altarblätter, auf dem 
einen reicht die Gottesmutter das heilige Kind zur knienden Mensch- 
heit herab, auf dem andern hebt es Vater Joseph zu Gott empor. 
Um das Klösterchen klingt die hübsche Legende vom hl. Gerold. 
Ein Snrosse des sächsischen Königshauses entfloh er der Welt und 
lebte als Einsiedler in einem hohlen Baum des stillen Tales, das 
sonst nur etwa von Bärenjägern aufgesucht wurde. Erbarmungsvoll 
schenkte ihm Otto von Jagdberg das Waldstück um den hohlen 
Baum, so dass sich der Einsiedler eine Hütte bauen konnte. Als dieser 
sein Ende nahe spürte, pilgerte er mit einer Handvoll Erde aus 
seinem Grund nach Einsiedeln in der Schweiz, wo seine beiden 
Söhne Klosterleute geworden waren, schüttete sie auf den Altar und 
bekundete damit, dass Einsiedeln Erbe seines Besitztums sein solle. 
Das Kloster erbaute nach seinem Tode die Propstei und besiedelte 
sie mit seinen Mönchen. 
Über tief eingerissene Seitenklüfte, die in die verschattete Kluft 
der Lutz münden, steigt die Strasse nach dem Dörfchen Blons, dem 
höchstgelegenen Orte. Da öffnet sich ein schöner Blick in das Tal, 
das jenseits der Lutz hinter dem Ludescherberg gegen die: Lagutzer- 
alpe verläuft. Hoch auf den grünen Bergterrassen des hintern 
Ludescherberges leuchten die Dörfer Raggal und Marul, jenes das 
Tal bis Sonntag beherrschend. 
Sonntag ist die bedeutendste Siedelung unter den Weilern und 
Dörfchen des Walser Tales. Fast vier Stunden hinter Thüringen, 
breitet es sich in lockern Gruppen von Häusern allerliebst über einen 
Wiesenhang dahin. Es soll von den ersten Zeiten der Einwanderung 
herstammen und seinen Namen von dem Umstand führen, dass in 
seinem Gotteshaus zuerst die Messe nur Sonntags von einem Leut- 
priester gelesen wurde, der von Thüringen heraufstieg. Um seine 
Hügelkirche, die im Jahr 1806 bis auf den starken "Turm von 
einer Lawine zu Tal gerissen wurde, liegt mit einem kleinen Bein- 
haus der Friedhof des Dorfes. Es wirft ein helles Schlaglicht auf 
die Geistesart der Walser, wenn wir als beliebtesten Grabspruch 
die Worte lesen: „Leb’ vernünftig, denk’ an künftig!“ Er stimmt zu 
dem nüchternen, sparsamen, bauernklugen Wesen der Bevölkerung, 
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