Die liechtensteinische Bergwelt.
im Wandel eines schönen Sommeı--
tages an Aussichtsbildern auf-
leuchtet und erlischt. Die Morgen-
sonne überschüttet die gegenüber-
liegenden Schweizer Berge mit
einer Flut rötlichen Lichtes und
blitzt in den Fenstern der Berg-
gasthäuser auf Alvier, Säntis und
Hohenkasten wider. Sie versetzt
die Schneefelder des Hausstock
und Tödi in Alpenrosenglut, dann
sinkt der goldene Strahl tiefer an
den Bergen hinab, lässt viele
hundert frohe Heimstätten aus
dem Grünen blinken und setzt
endlich den Rhein und die Bäche
des‘. Tals in silbernes. Licht,
Häuser und Dorfschaften sind nur
Nürnberger Tand_ in diesem Tief-
bild, die Strassen Spinngeweb,
Alte Gebirgstanne und wie wenn man von einem
Ballon niederspäht, die kleinern
Höhen ins platte Land versenkt.
Das Kurhaus Gaflei, 1500 Meter, ist Ausgangspunkt ‘des be-
rühmten „Fürstensteiges“, des Dreischwesternweges, den Fürst Jo-
hannes 1%. durch die dämonenhafte Felsenwildnis des zerklüfteten
Gipsberges zur leichtern Besteigung der herrlichen Gebirgsgruppe
hat bauen lassen. Er ist einer der kühnsten Pfade, die es in der
Alpenwelt gibt, dabei aber vollkommen gefahrlos und an schwin-
deligen Stellen durch kräftige Eisengeländer geschützt. Im Zickzack
steigt er durch den Alpenwald an die jähen Felsklüfte heran und
windet und wendet sich durch eine Felsenwildnis, in der die aben-
teuerlichsten Steinklippen, zerspült und zerwaschen, wie Drachen-
zähne ragen. Mit einem Schauer im Herzen und doch in wonniger
Sicherheit wandern wir durch die unsägliche Starrnis der Felsen,
an denen die Alpenrose glüht. Da — Gemsen im Gefelse! Sie äugen
nach uns, sie spitzen die Lauscher, sie stieben über die Gräte und
sind uns entschwunden.
Auf