Zusammenfassung und Fazit
Staatsangehörigen zusteht. Insofern können die rund 33 Prozent Aus-
länderinnen und Ausländer als Minderheit bezeichnet werden. Entschei-
dungen, die an der Urne getroffen werden, unterscheiden sich in dieser
Hinsicht allerdings nicht von Entscheidungen, die im Parlament getrof-
fen werden. Zur Frage der Kohärenz in der Politik setzt immerhin die
Bedingung Leitplanken, dass Initiativen in Übereinstimmung mit der
Verfassung und Staatsverträgen stehen müssen. In Bezug auf die Refe-
rendumsdrohung und den damit einhergehenden Trend zur Etablierung
konkordanzdemokratischer Strukturen kann diskutiert werden, ob die-
ser Trend als negativ oder positiv gewertet werden soll. Jedenfalls scheint
Liechtenstein unter konkordanzdemokratischen Vorzeichen in der Ver-
gangenheit nicht schlecht funktioniert zu haben. Eine Hinterzimmerpo-
litik kann es unter konkurrenzdemokratischen Verhältnissen genauso
geben. Die Gefahr, dass direkte Demokratie zur Bestätigung der Macht-
habenden missbraucht wird, besteht in Liechtenstein angesichts des Re-
pertoires an direktdemokratischen Instrumenten nicht. Dies ist eher in
autokratischen Regimes der Fall, wobei das Instrument des Plebiszits gar
nicht als direktdemokratisches Instrument angesehen werden sollte. Kri-
tisch beurteilt werden in der Literatur auch der Ressourcenaufwand und
die Blockaden, die durch direktdemokratische Verfahren verursacht wer-
den können. Dem ist entgegenzuhalten, dass in Liechtenstein die direkte
Demokratie auch deblockierend wirken kann. Ausserdem laufen die
Verfahren sehr rasch ab, da bereits innert drei Monaten nach einer er-
folgreichen Unterschriftensammlung eine Volksabstimmung stattfindet.
Nun zu den in der Literatur genannten potenziellen Vorzügen der
direkten Demokratie: Partizipation und Performanz — also Mobilisie-
rung, Identifikation, Legitimation der Politik, Stabilität, Zufriedenheit —
werden durch die direkte Involvierung der Stimmberechtigten wohl ten-
denziell erhöht. Ob aber die wenigen direktdemokratischen Entschei-
dungen wesentlich zur Erhöhung des Sachverstandes und zur Heraus-
bildung von «kompetenten Bürgern» beitragen, muss dahingestellt
bleiben. Nicht zu verschweigen ist auch, dass direktdemokratische Ver-
fahren nicht nur Zufriedenheit und eine kollektive Identität fördern,
sondern das Gegenteil ebenso der Fall sein kann. Die sehr emotional
geführten Abstimmungskämpfe zur Verfassungsrevision 2003 und zur
Vetoinitiative 2012 haben gezeigt, dass solche Prozesse auch zu tiefen
Gräben in der Gesellschaft führen können. Offenbleiben muss auch die
Frage, ob die Qualität der Gesetzgebung wegen der direkten Demokra-
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