Einleitung
wie man am Beispiel Deutschlands sieht./? Hinzu kommen spektakuláre
Ereignisse wie etwa Volksabstimmungen zu europäischen Themen —
Beitritt eines Staates zur Europäischen Union, Volksabstimmungen über
eine Europäische Verfassung — oder Autonomiebestrebungen, jüngst be-
züglich der Unabhängigkeit Schottlands im Jahr 2014 oder die Brexit-
Abstimmung im Vereinigten Königreich im Juni 2016. Selbst auf supra-
nationaler Ebene hat das Instrument der direkten Demokratie Einzug
gehalten, indem innerhalb der Europäischen Union die Europäische
Bürgerinitiative eingeführt worden ist.!!
Weltweit wird eine Zunahme von Volksabstimmungen konsta-
uert. Daran knüpft sich die Frage, ob und wie Elemente direkter
Demokratie allfällige Akzeptanz- und Legitimationsprobleme moderner
Demokratien lösen können. Die Debatte hat sich längst aus der schwei-
zerischen Isolation, allenfalls noch angereichert mit Beobachtungen zur
Situation in den US-amerikanischen Gliedstaaten, befreit.!? Von der
Aktualität auch ausserhalb der traditionell mit Fragen der Direktdemo-
kratie befassten schweizerischen Politikwissenschaft!* zeugen zahlreiche
10 Bochsler und Kriesi 2013, S. 74f.
11 Zur Europiischen Biirgerinitiative (European Citizens’ Initiative, ECI) in der Ent-
stehungsphase siehe Kaufmann 2012. Weblink zur betreffenden EU-Website:
http://ec.europa.eu/citizens-initiative/public/welcome?lg2de. Mendez et al. (2014)
widmen sich speziell den Volksabstimmungen zu EU-bezogenen Referenden und
den sich daraus ergebenden Dilemmas.
12 Qvortrup (Hg.) 2014; Altman 2011; Jung 2002. Die Datensammlung beim Demo-
kratiezentrum Aarau (c2d.ch) gibt verlássliche Hinweise auf die Zahl von Volksab-
stimmungen weltweit. Für die Zeit von 1945 bis 2014 werden 2198 Volksabstim-
mungen aufgelistet. In den 10-Jahres-Perioden von 1945/1954 bis 2005/2014 hat
sich die Zahl der Abstimmungen wie folgt entwickelt: 126, 150, 186, 313, 494, 539,
390. Ob der Hóhepunkt überschritten ist, bleibt abzuwarten.
13 Auch in Deutschland, welches auf Bundesebene — im Gegensatz zur Länderebene
und der kommunalen Ebene — keinerlei direktdemokrausche Rechte kennt, findet
eine lebendige Debatte über direkte Demokratie statt. Hintergrund ist nicht nur die
Legitimationsfrage, sondern auch der Vertrauensverlust in die Demokratie. Es wer-
den daher auch andere Formen der Bürgerbeteiligung diskutiert (Klages et al. 2004;
Hirscher und Huber [Hg.] 2006). Holtkamp (2006) zieht bereits eine kritische
Bilanz neuer Beteiligungsverfahren (Bürgerbegehren, Bürgerforen, Direktwahl der
Bürgermeister), welche die Input- und Outputlegitimitát erhóhen sollten, zum Teil
aber die bestehenden Probleme bezüglich der Outputlegitimität noch verschärft
haben.
14 Einen guten Überblick über den Forschungsstand in der Schweiz bietet das peri-
odisch aktualisierte Handbuch der Schweizer Politik, insbesondere zu den Stich-
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