Einführung, Ausbau und Änderung direktdemokratischer Instrumente
Im Rahmen dieser Studie kann also nicht die Verfassung in ihrer
Gesamtheit beurteilt und kommentiert werden. Hier soll einzig auf die
Veränderungen, welche sich in Bezug auf die direkte Demokratie erge-
ben haben, eingegangen werden. Dies sind im Einzelnen die Neuord-
nung des Verfahrens zur Richterbestellung, die Möglichkeit des Miss-
trauensvotums gegen den Landesfürsten, das Verfahren zur Abschaffung
der Monarchie sowie als materieller Sonderfall das Sezessionsrecht der
Gemeinden. Die Details zu diesen neuen direkten Volksrechten sind in
Kapitel 3.8 bis Kapitel 3.11 ausgeführt.
2.2.4 Alternative Revisionsvorschläge zur Verfassung
mit Bezug zur direkten Demokratie
Nach der sogenannten Staatskrise von 1992 wurde eine Revision der
Verfassung virulent.!* Bekanntlich dominierte in der Schlussphase vor
der Volksabstimmung im März 2003 das Fürstenhaus mit seinen eigenen
Vorstellungen zur Verfassungsänderung die Diskussion und den Ent-
scheidungsprozess. Andere Vorschläge fanden nie den Weg in eine breite
öffentliche Diskussion — dies betrifft einen komplett neuen Verfassungs-
entwurf der Freien Liste im Jahr 1996 sowie Änderungsvorschläge der
Verfassungskommission des Landtages aus dem Jahr 1998 — oder fanden
nur geringe Zustimmung, wie die Initiative «Verfassungsfrieden», wel-
che zeitgleich und alternativ zur Vorlage des Fürstenhauses im März
setz mitzuteilen. Dort ist geregelt, dass die Gesamtheit der stimmberechtigten
(mánnlichen) Mitglieder des Fürstenhauses die Kompetenz hat, solche Antráge zu
entscheiden, allenfalls auch den Fürsten zu disziplinieren oder abzusetzen. Dieses
Gremium kann den Fürsten nicht nur im Anrufungsfall durch das Volk, sondern
auch von sich aus disziplinieren oder absetzen, wobei nicht nur Fehlleistungen als
Staatsoberhaupt, sondern auch als Regierer des Hauses oder Vorsitzender der fürst-
lichen Stiftungen Absetzungsgründe darstellen kônnen. Das Hausgesetz wurde
ohne Mitwirkung des Landtages vom Fürstenhaus verabschiedet, was zur Frage
führte, ob es überhaupt gültig sei. Die Verfassungsabstimmung von 2003 hat diese
Frage dahingehend geklärt, dass Art. 3 LV (neu) festhält, dass das Hausgesetz
«durch das Fürstenhaus» geordnet wird, während dies in der alten Fassung nicht
explizit formuliert war.
194 Die Verfassungsdiskussion zwischen 1992 und 2003 ist ausführlich dokumentiert
bei Merki 2015. Zur Volksabstimmung 2003 und deren Vorgeschichte auch Marcin-
kowski und Marxer 2010, 2011.
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