Volltext: Direkte Demokratie in Liechtenstein

Einführung, Ausbau und Änderung direktdemokratischer Instrumente 
Beamten zugunsten einer stärkeren Rolle bei der Bestellung von Rich- 
tern verzichten wollte. Darauf wollte sich der Landtag aber nicht einlas- 
sen.? Im Oktober 1992 — in der sogenannten Staatskrise — wurde die 
Frage nach dem Führungsanspruch in der Aussenpolitik aufgeworfen. 
Gleichzeitig entwickelte sich in diesem Konflikt eine Kontroverse über 
die Kompetenz zur Regierungsentlassung. Als im Herbst 1993 der 
Landtag beim Fürsten die Entlassung von Regierungschef Markus 
Büchel beantragte, reagierte der Fürst mit der Entlassung des Landtages 
— entgegen der Mehrheitsmeinung des Landtages.!?? Dies akzentuierte 
somit die Frage nach dem Verháltnis von Landesfürst und Landtag sowie 
beider Organe gegenüber der Regierung. Weitere Irritation stiftete die 
Publikation des Hausgesetzes des Fürstenhauses im Landesgesetzblatt 
ohne Mitwirkung des Landtages, aber mit Gegenzeichnung des Regie- 
rungschefs Markus Büchel. Dies warf eine Reihe weiterer Fragen auf: 
nach dem Verhältnis von Verfassung und Hausgesetz, nach der Kompe- 
tenz zum Erlass des Hausgesetzes, aber auch nach den Inhalten des 
Hausgesetzes, welche in manchen Punkten als veraltet erscheinen und — 
etwa in der Frage der Gleichstellung der Geschlechter — im Widerspruch 
zur liechtensteinischen Verfassung stehen. Weitere Verschärfungen des 
Konfliktes brachten die Weigerung des Landesfürsten, Gesetze zu sank- 
üonieren!à!, sowie dessen Ankündigung (und spätere Amtshandlung), 
179 Ritter 1992, hier S. 56. 
180 Die Zeit von der Staatskrise im Oktober 1992 bis zur Auflósung des Landtags durch 
Fürst Hans-Adam II. am 14. September 1993 und damit indirekt die Endassung von 
Regierungschef Markus Büchel beleuchtete Eugster (1995) in einer Studie im Auf- 
trag der FBP. 
181  Eshandelt sich bei der Streitfrage um die Sanküonierung von Gesetzen, welche dem 
Landesfürsten wohl irrtümlich nicht zur Unterzeichnung vorgelegt worden waren, 
aber bereits im Landesgesetzblatt publiziert waren. Die Gesetze selbst waren nicht 
umstritten. Aufgrund dieser Vorfälle warf der Landesfürst der Regierung Verfas- 
sungsbruch vor. Nach Gesprächen zwischen Regierungschef Hans Brunhart und 
dem Landesfürsten bzw. Regierungschef Mario Frick und dem Landesfürsten 
konnte die Situation im gegenseitigen Einvernehmen bereinigt werden (Interpellati- 
onsbeantwortung 1997/34 zu den wiederholten Vorwürfen des Landesfürsten be- 
treffend Verfassungsbrüche in der Vergangenheit). Es handelte sich um folgende 
fünf Gesetze (Datum der nachträglichen Sanktionierung in Klammern): LGBl. 
1987.029 (20. Dezember 1991); LGBI. 1990.002 (3. Januar 1992); LGBI. 1990.003 
(3. Januar 1992); LGBI. 1992.053 (26. Juni 1992); LGBL 1994.001 (5. Januar 1994). 
Tatsáchliche Fálle von Sanktionsverweigerung trafen im Falle des Erwachsenenbil- 
dungsgesetzes und des Staatsgerichtshofgesetzes zu. Beim Erwachsenenbildungs- 
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