Volltext: Liechtensteiner Vaterland (1943)

Nr. 18 
Vaduz. Samstag, den 6 Marz 1943 
8. Jahrgang 3ezagspreise: Liechtenstein und die Schweiz jährlich Fr. 11.—, halbjährlich Fr. 5.50, vierteljährlich Fr. 2.80. Ausland (ausgenommen jrit. Reich u. U.S.A.) Auskunft und Bestellung bei den Postämtern. Gleicher Preis wie Inland u. 30 Rp. Postzuschlag, ßrit. Reich und U.S.A. Fr. 14.— pro Jahr, halbj. _i.7.—, viertelj. Fr. 3.50, nur bei Voreinzahlung. 
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Anzeigenpreise: Einspaltige Millimeterzeile: Liechtenstein 5 Rp.; Rheintal (Trübbach bis Sennwald), sowie Feldkirch 7 Rp.; übrige Schweiz 8 Rp.; Länder außer der Zoll- union 9 Rp.; Anzeigen im Textteil: 16 Rp. Erscheint Mittwoch und Samstag LIECHTENSTEINER Dem hohen und hochverehrten Krautpaare die ehrerbietigsten und innigsten Glückwünsche ! 1 Fürst Dran? Josef II. wurde am 16. August 1906 auf Schloß Frauenthal in der Steiermark geboren und machte forstwirtschaftliche und juristische Studien in Wien. Am 15. März 1923 verzichtete Seine Durchlaucht Prinz Alois, der Vater des heutigen Lan- desherrn, auf den Thron, sodaß nach dem Tode des Fürsten Franz I. Prinz Franz Josef zum Thronfolger bestimmt war. Am 17. April 1930 wurde dieser vom Fürsten Franz, I. zum Stellvertreter ernannt. Am 30. März 1938 über- nahm Prinz Franz Josef die Regierung zunächst als Prinzregent und am 26. Juli 1938 dauernd als Fürst Franz Josef n. Gräfin Gma von Wilczek wurde am 24. Ottober 1921 in Graz geboren. Im Alter von kaum zwei Jahren verlor sie ihre Mutter. Gräfin Gina von Wilczek besuchte die Schulen in Wien und studierte fremde Sprachen, von denen sie Englisch, Französisch und Italienisch wie Deutsch beherrscht und in denen sie an der Llnivcrsität in Wien die Dolmetscherprüfung ablegte. 
Nls vor einigen Wochen die Dachricht ins £cmö kam, daß sich unser Fürst, Seine Durchlaucht Franz Zosef II., mit der Gräfin Gina von Wilczek verlobt habe, herrschte im ganzen Völklein größte Freude und Genugtuung. Und nun wird morgen die Eye der hochverehrten Draut- leute von Seiner Grzellenz dem hochwürdigsten vischof «Christian Ca* minada von Ä!hur in der Pfarrkirche in Vaduz eingesegnet werden. Dieses Gotteshaus mühte Tausende von Plätzen haben, wenn es alle Liechtensteiner fassen wollte, die dem freudigen Ereignis mit .snnigkeit beiwohnen möchten. Möge Gottes reichster Segen unfern väterlichen Fürsten, der fein Land so ganz im Geiste seines Großonkels Johanns des Guten re- giert, und Seine wohledle Gemahlin schützen und schirmen für und für. Enchfitng der Fürstenbraut im Lande. Freitag den 5. März traf Gräfin Wilczek, die hohe Braut unseres Fürsten, in einem Sonder- wagen in Schaan ein. Sie war begleitet von Graf Ferdinand Wilczek, ihrem Vater, und einer Kusine. Zum Empfang hatten sich Seine Durchlaucht der Fürst, Regierungschef Dr. Äoop, Regicrungschef-Stellvertreter Dr. Vogt, Landtagspräsident Pfarrer Frommelt, Land. tags-Vizepräsidcnt Dr. Schaedler, Dr. Josef Martin, Kabinettsdirektor, Dr. Ruppert Rit- ter, sowie die Gemeindebehörden von Schaan, die gesamten Schulen und eine große Menschen- menge eingefunden. Nach kurzer Begrüßung -^nild nach Absingen der Volkshymne fuhren ' Seine Durchlaucht der Fürst und Gräfin Wik- czek zum Schlosse. Zwanzig Jahre Zollvertrag mit der Schweiz Am 29. März 1943 jährt es sich zum zwan- zigsten Male, daß in Bern zwischen der Eidge- nossenschaft und unserem Lande ein Zollvcrtrag abgeschlossen wurde. Unterschrieben wurde der Vertrag durch die Äerren Bundesrat Dr. Äiu- seppc Motto und den damaligen licchtensteini- schen Geschäftsträger Llniversitätsprofcssor Dr. Emil Beck, der in! Vereine mit dem verstorbe- nen Landtagspräsidcnten Dr. Wilhelm Beck hauptsächlichst am Zustandekommen dieses Ver- träges beteiligt ist. Der 29. März 1923 ist ein so wichtiger Tag in der neuen Wirtschaftsgc- schichte unseres Landes, daß an dessen 20. Wie- verkehr nicht achtlos vorbeigegangen werden kann. Wurde doch durch diesen Vertrag das Schicksal unseres Vaterlandes in glückl'ichstcc Weise mitbestimmt. Es geziemt sich, daß wir einen Rückblick auf diese zwei Jahrzehnte wer- fen. Bevor wir auf den eigentlichen Punkt u»> scrcr Betrachtungen eingehen, wollen wir noch einen historischen Rückblick tun. Am ö. Juni 1852 schloß Liechtenstein mit dein österreichisch-ungarischen Kaiserstaate den ersten Zoll- und Stcuervcreinsvcrtrag, der dann 1863 und 1876 erneuert und 1888 durch eine Additiv- nalkonvcntion ergänzt wurde. Schon vor den Erneuerungen 1863 und 1876 machten sich starke Kräfte gegen das österreichische System der Zölle und indirekten Steuern geltend und ins- besondere war schon damals eine spürbare Be- wegung für einen Zollanschluß an die Schweiz im Gange. Doch waren diese gegnerischen Bc- mühungen umsonst. Es blieb beim Zoll- und Steueranschluß an Oesterreich. Im Volke aber blieb die Abneigung gegen diesen Wirtschafts- anschluß mit seinem weitverzweigten und gehaß- tcn System der indirekten Steuern bestehen und während des Weltkrieges 1914—18 zeigte es sich so recht, wie richtig das Voltsempfindcn qeurteilt hatte. Es kam damals zu recht uner- freulichen Ereignissen, die im Nahmen dieser Ausführungen nicht weiter berührt werden kön- nen. Am 2. August 1919 erfolgte dann die Kün- digung des Zollvertrages, der von der Republik Oesterreich als Rechtsnachfolgerin der österrei- chisch-u'ngarischen Monarchie fortgesetzt worden war. — Dieser Kündigung bezw. Auflösung des Zollvertrages folgte dann ein System eigener liechtensteinischer Ein? and Äu-sfuhkgebül/ren, das schließlich den Niederschlag im Gesetze 
von 1. Dezember 1921 betreffend die Neurege- lung der Ein-, Aus. und Durchfuhr von Waren mit einem allerdings sehr primitiven Zolltarife von rund 100 Positionen fand. Mit dem frü- Heren Vertragspartner waren durch Notenwech- sel vom 1. Mai 1920 und 7. Februar 1922 Ab- machungen über den Kandelsverkehr getroffen worden, die dann auf den 31. Dezember 1923 gekündigt wurden. Durch diesen historischen Seitensprung haben wir den wirtschaftlichen Verhandlungen mit der Schweiz etwas vorgegriffen. Schon vor Kündigung des liechtensteinisch-österreichischen Vertragsverhältnisses suchte Liechtenstein Ver- Handlungen mit der Schweiz anzubahnen. In Beachtung des Volkswillens wurde der dama» lige Landesverweser S. D. Prinz Karl von Weiland Fürst Johann n. im Einvernehmen mit dem Landtage beauftragt, beim schweizeri- schen Bundesrate Verhandlungen wegen Aeber- nähme der diplomatischen Vertretung Liechten- stcins, wegen Verwaltung von Post, Telegraph und Telephon und wegen eines Zollvertrages anzubahnen. Die Schweiz kam Liechtenstein großherzig entgegen. Schon 1919 übernahm sie die diplomatische Vertretung Liechtensteins, ausgenommen jener von Oesterreich und der Tschechoslowakei, wo in Wien eine eigene Ge- sandtschaft errichtet wurde. Gleichzeitig wurde auch in Bern eine liechtenst. Gesandtschaft mit dem vicljährigcn erfolgreichen und geschätzten Geschäftsträger Dr. Emil Beck errichtet. Im Jahre 1921 kam dann das Postübcreintommen zustande, auf Grund dessen dann das liechtenstei- nische Postwcscn den bekannt überraschenden Aufstieg mit seinen erfreulichen finanziellen Er- folgen nahm. Daneben liefen dann die Verhand- lungen für den Abschluß des Zollvertrages. War schon das Postiibcreinkonimen cin voller Erfolg für dessen Llntcrhändler, Geschäftsträger Dr. Beck, so erst recht der Zollvertrag, den er am 29. März 1923 mit seinen» hvchmö^endcn Gönner, Bnndesrar Motta, unterzeichnen konnte. Kurz vor Weihnachten 1923 erfolgte dann die Ratifikation durch die Eidgenössischen Räte und den Liechtensteinischen Landtag und schon am 1. Jänner 1924 trat dieser wichtigste Wirtschaftsvertrag in Kraft. Wer den Krieg 1914—18 und die noch schwerere Nachkriegszeit mit den vernichtenden Folgen der totalen Geld- cntwertung mitgemacht, seither den steten Auf- stieg unseres Wirtschaftslebens gesehen hat und für die furchtbare Weltkatastrophe seit 1939 nicht blind und taub ist, der kann die ausgezeich- netcn Resultate dieser Vertragswerke und ins- besondere des Zollvertrages voll ermessen. Aus einem Wirtschaftsbankrott hat sich unser kleines Heimatland an den Arsten dieses Ver- traqswerkes wieder empor geschwungen, hat am I. Januar 1924 mit neuem Lebensmut wieder den Aufstieg zu neuer Blüte begonnen. Wir danken es heute bewegten Kerzens dem Weit- blicke unseres unvergeßlichen Fürsten Johannes II. und der damaligen Volksvertretung, daß sie den Mut gefunden haben, ein morsches Ver- tragsgebäude abzubrechen und einen soli- den Neubau zu erstellen. Es ist klar, daß dieser Neubau nur bestehen konnte, wenn auch ver- schiedene nötige Zubauten errichtet wurden. Ein Wirtschaftsanschluß bedingt umfangreiche Stüt- zen, damit er für beide Vertragsteile erträglich und nlrhkich und nicht für den anderen Vertrags- teil abträglich sei.-
	        

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