Volltext: Liechtensteiner Vaterland (1943)

Nr. 80 
Vaduz, Samstag, de» IL. November 1948 
8. Jahrgang Bezugspreise: Liechtenstein und die Schweiz jährlich Fr. 11.—, halbjährlich Fr. 5.50, vierteljährlich Fr. 2.80. Ausland (ausgenommen j3rit. Reich U.U.S.A.) Auskunft und Bestellung bei den Postämtern, gleicher Preis wie Inland u. 30 Rp. Postzuschlag. Brit. Reich und U.S.A. Fr. 14.— pro Jahr, halb]. .'r.7;—, viertelj. Fr. 3.50, nur bei Vöreinzahlung. 
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möchten wis- sen, woher sie stammen, wie eS ihren Vorfahren «gangen und wie sie in den Stand gekomme«, in 
dem sie sich dermalen befänden." 
Sein Buch war also als Volksbuch gedacht, man erwog ja 
auch dessen Verwendung als Lehrbuch für die Schule und damit wird der dem Verfasser oft gemachte Vorwurf, daß er die Sellen und den Fundort der von ihm benutzten Urkunden und Nachweise nicht erwähne, abgetan. Peter Kai ser wollte ein Buch für das Volk schreiben, das wohl den Anspruch auf ein gesd)ichtswissenschaft. liches Werk erheben darf, dessen wissenschaftliche Form jedoch vermieden werden mußte. Für uns. Nachfahren ist es nur bedauerlich, daß die No tizen seines Nachlasses verloren gingen, hätten wir diese, könnte der Mangel leicht behoben werden. Als das Buch erschien, herrschte in Liechtenstein, wie in den andern deutschen Bun desstaaten, strengste Zensur, der Polizeistaat war auf der Äöhe seiner Macht, aber die Srcig nisse des Jahres 1848 warfen bereits ihre Schert ten voraus. Es wurden in Llmgehung der Zen survorschriften Subskriptionen gesammelt und als dies zur Kenntnis der Behörden kam, ver. fügte der damalige Landvogt Menzinger jun das Verbot und alle Exemplare und Gelder wur. den konfisziert. Dem Vertreiber des Buches, dem „Löwen"-Wirt Walser in Schaan, wurde das weitere Sammeln von Bestellungen verbo ten und die Gemeinden wurden durch Runderlaß vom Verbot benachrichtigt. Fürst Alois, dem das Werk vorgelegt wurde, resolvierte die Frei gäbe, doch bezeichnete er das Wert als „seicht" und von dem eine nachteilige Wirkung auf die Bevölkerung nicht ausgeübt werde. Als Schul' lehrbuch blieb es verboten. Dieses Urteil er. scheint uns heute hart, doch kann ihm eine Be. rechtigung nicht abgesprochen werden. Die Kn. tik, die der nachmalige Kabinettsrat In der. Maur aber im Jahrbuch 6, also in demselben Bande, in dem auch die Arbeit Domsektars Dr Kind über Peter Kaiser erschien, an dem Werke übt, geht ebenfalls über den Rahmen der Schlichtheit hinaus. Peter Kaiser ist in der Schilderung der jüngsten Vergangenheit vor Erscheinen des Buches, insbesondere der Regie rungszeit des Fürsten Johannes I., des Feld. Marschalls, etwas einseitig. Er verkennt die Tat sache, daß nach dem Wiener-Kongreß die abso lute Staatsgewalt noch betonter war als vor der französischen Revolution, da inzwischen die deutschen Fürsten Souveräne geworden waren und nirgends in den Staaten des Deutschen Bundes Volksrechte Anerkennung fanden. Die Eigenschaften des Fürsten Johannes als Äeer. führer, Staatsmann und insbesondere als Ver- walter seines großen Besitzes sind von einer solchen Größe und die Weitsicht und Vorsorge seiner Maßnahmen für einen wirtschaftlichen Aufschwung sind so anerkannt und bewiesen, daß von ihm nur angenommen werden kann, daß er für das Land das Beste wollte. Leider aber waren seine Berater in den Landesangelegen- heiten Fremde, die, obwohl integer und tüchtig, doch die Mentalität des Volkes nicht verstan- den. Sie stammten meist aus Familien von Be- amten auf den fürstlichen Gütern, waren also unter ganz andern Verhältnissen aufgewachsen. So kam eS, daß über Vorkommnisse in jener Zeit, die an und für sich harmlos waren, Be- richte gemacht wurden, die solche Ereignisse fast als Revolution bezeichneten und diese Berichte waren geeignet, ein Vertrauensverhältnis zwi- schen Fürst und Volk nicht aufkommen zu lassen. CS muß Peter Kaiser zu Gute gehalten werden, daß ihm die Akteneinsicht für die Gegenwarts- geschichte fehlte und wenn eS jd)on dem an der geschichtlichen Entwicklung Unbeteiligten schwer ist, objektive Gegenwartsgeschichte zu schreiben, so war es für einen Beteiligten, Peter Kaiser war es, dem nicht einmal alle Akten zur Verfü- gung standen, rein unmöglich, diese Objektivität zu bewahren. Ich bin sicher und die spätem 
Cr- eigntsse beweisen es ebenso, wie die Briefe Pe- ter Kaisers auS der Frankfurter Zeit, daß er die 
letzten Kapitel seines Werkes umgeschrieben ?»ätte, wenn sein Buch nach dem Jahre 1848 er- chienen wäre. Heute, da wir über diese Zeit weit hinaus sind und unser Staatswesen auf ganz an- Hern Voraussetzungen beruht, haben diese we- »igen Sätze, die eine Kritik an dem Werke Pe- ter Kaisers berechtigen, ihre Bedeutung 
verlo- ren und das Werk Peter Kaisers steht vor uns als der Markstein der geistigen Entwicklung in unserer Keimat, es ist die Tat, die dem 
liechten- steinischen Patriotismus die historische Grund- läge gab und seine Berechtigung nachwies, und restlos müssen wir den Fleiß, die Gründlichkeit der Arbeit, die hervorragende Schilderung an- erkennen. Bedenken wir, daß die Erforschung der Archive damals mit unendlichen Schwierig- keilen verbunden war, daß die eingehende Be» Handlung der Lokalgeschichte unserer Gegend und der Nachbarschaft erst begann, dann können wir dem Werke Peter Kaisers unsere Bewunderung nicht versagen. Aus dem weitern Schicksal des Werkes ist noch zu erwähnen, daß allem An- scheine nach verhältnismäßig wenige Exemplare im Lande verkauft wurden, von denen viele im Laufe der Jahre verloren gingen und um die Jahrhundertwende wurde das Buch von den Landesbehörden als verfehmt betrachtet und die Exemplare nach Möglichkeit eingesammelt. Keute stellt es eine Seltenheit dar und auch die neue und ergänzte Auflage von Prälat Büchel im Jahre 1923 ist bereits wieder vergriffen. Fürstenwm Liechtenstein Aerztlicher Sonntagsdienst. Sonntag den 14. November 1943: Dr. med. Siegbert Nipp, Eschen. Die ältesten Leute i« unser« «emewdeu. Kürzlich wurde von einem Mitarbeiter ange- regt, es sollten einmal in allen Gemeinden die ältesten Leute festgestellt und deren Namen der Oeffentlichkeit mitgeteilt werden. Wir sammel- ten daher das erforderliche Material, müssen je- doch bemerken, daß nachstehende Aufzählung in- sofern lückenhaft ist, als von jeder Gemeinde nur eine, eben die älteste Person genannt wird. Fast alle Vertrauensleute, die die benötigten Daten besorgten, berichteten, daß dieser oder je- ner Mitbürger nur wenig jünger sei als der ge- meldete. Wir kommen gelegentlich auf die An- gelegenheit zurück und bringen für heute nur die folgende Zusammenstellung: Die älteste Person in Balzers. WaldburgaVogt, geb. Brunhart,Nr. 50, geboren am 26. Mai 1850, geheiratet am 13. November 1876 mit Ferdinand Vogt, der am 22. Jänner 1932 starb. Der Che entsprossen sieben Kinder, fünf Söhne und zwei Töchter. Er war Bauer und besorgte lange das Botenfichr- werk nach Feldkirch. Triefen. BernhardBeckaus Triesenberg, geboren am 29. April 1846, war Maurer nnd hielt sich lange in Zürich und Luzem auf. Seine Frau starb 1893. Von fernen acht Kindern leben noch vier, drei Söhn« 
und «in« Tochter. 
Beck ist die 
älteste Person unseres Landes. Triesenberg. Konrad Lampert, Steinort, Nr. 171, geboren am 28. September 1856, verehelichte sich am 5. Februar 1894 mit Maria Eberle, ge- boren am 8. September 1867. Sie hatten sieben Kinder, sechs Söhne und eine Tochter. Lampert war zunächst Maurer, dann Bauer und nebenher Metzger. Vaduz. Katharina Nigg, geb. Walser, aus Rankweil, geboren am 9. Mai 1852, vermählte sich Mit Johann Nigg, Schloßwirt. CS war das erste Paar, da« in der am 5. 
Oktober 1873 ge- weihten Kirche in Vaduz getraut wurde. 
Sie schenkte ihrem 
Gatten vier Söhne und eine Tochter. 
Schaan. Marianne Konrad, Mühleholz, ge- boren am 6. Jänner 1856, ledig, Fabrikarbei- terin. Planken. Julian« Näscher, geboren im Juli 1864, Witwe des vor ca. 25 Jahren verstorbenen Lehrers auf Planken. Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor, drei Söhne und drei Töchter; die Söhne und eine Tochter sind gestorben. Mauren. Albert Matt, Nr. 8, geboren am 2. Juni 1851, Witwer seit 1907. Der Ehe entspros. sen drei Söhne und drei Töchter. Matt war Bauer. Eschen. Maria Bischof, geb. Marxer, geboren am 27. August 1848, lebte ca. 40 Jahre in Ror- schacherberg, Kanton St. Gallen, wurde bald Witwe und kehrte im Jahre 1929 in ihre alte Äeimat zurück. Die Ehe blieb kinderlos. Gamprw. Anna Maria Büchel, Schwester von Prälat I. B. Büchel, ledig, geboren am 15. August 1859, ist nach dem Tode ihres hochwür- digen Bruders im Jahre 1927 im Pfarrhaus Bendern verblieben. Rugg-ll. Kreszenz Marxer, geb. Oehry, gebo- ren am 18. Jänner 1858. Ihre Ehe mit Johann Marxer (Trauung 25. Februar 1884) blieb kin- verlos. Seit 1905 ist Frau Marxer Witwe. Schellenberg. Nemasina Büchel, Nr. 34, geboren am 5. Mai 1853, Witwe, kinderlos. Möchte den lieben, alten Leuten noch ein son- niger Lebensabend gegeben werden und möchte es ihnen beschieden sein, die Wiederkehr de» von uns allen so innig ersehnten Friedens zu er- leben! • * « Aeber Häuser und Hausnummern in Liechten- stein. Eine Umfrage nach der Zahl der Häuser in den einzelnen Gemeinden hatte folgendes Er- gebnis: Häuser Vaduz 424 Triefen 246 Balzers 304 Triesenberg 300 Schaan 370 Planken 41 Mauren-Schaanwald 230 Eschen-Mauren 
257 Gamprin-Bendern 84 Ruggell 123 Schellenberg 74 Total 
2453' Dazu ist allerdings eine Reihe von Berne» kungen angebracht, und zwar zunächst die, daß da und dort Hausnummern ausgefallen und bis- her noch nicht ersetzt worden sind, weshalb die wirkliche Zahl der Häuser etwas kleiner ist als die oben angegebene. In allen Gemeinden, mit Ausnahme von Vaduz, Planken, Ruggell und Schellenberg, spielen die alten Hausnummern auch heute noch eine gewisse Rolle, ja in Balzer« werden diese sogar bevorzugt. Am meisten Be- deutung kommt den Hausnummern wohl in Triesenberg zu, wo sie nicht nur bei Adressen meist direkt 
notwendig sind, sondern auch zur Holz- und Viehbezeichnung 
und sogar bei Wah- len 
allein, also ohne den Kandidaten zu nennen, verwendet werden. Bemerkenswert ist, daß besonder« im Ober- land seit der Jahrhundertwende 
viele Nwbau- ten entstanden sind. Vaduz hatte W>1 tm 200, Balz-r« 189g bloß 205, TM-Abetg lM nur 223 und Schaan 189» bloß 
207 Häuser. Die wichtigste Bauperiode war 
akkerdittg» seit cä. zwanzig Äahr«n.-Ma» Denkt um an Mc Villen-?: Wattiere in Vaduz und Schaan und an da« Va- duzer Neudoef, wo da« im Jahre 1925 erbaute 
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