Volltext: Liechtensteiner Vaterland (1943)

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Vaduz. Mittwoch htm 28. 3nH 1948 8. Jahrgang leznffspreiM: Liechtenstein und die Schweiz jährlich Fr. 11.—, halbjahrlich Ff. 550, vierteljahrlich Fr. 2.80. Ausland (ausgenommen ärit Reich u. U.S.A.) Auskunft und Bestellung bei den Postämtern. Gleicher Preis wie Inland u. 30 Rp. Postzuschlag. Brit Reich und U.S. A. Fr. 14.— pro Jahr, halb}. St.7.—, viertel]*. Fr. 3.50, nur bei Voreinzahlung. 
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In dieser feierlichen Stunde für da» italienische Mutterland tibernehme ich den Oberbefehl über alle bewaffneten Streitkräfte Jeder muß den ihm von seiner Pflicht und 
sei- nem Verantwortungsbewußtsein angewiesenen Platz wie 
auch seinen Posten auf dem 
Schlacht- feld übernehmen. Kein Abweichen 
von dieser Pflicht kann geduldet werden, keine Klage ist zulässig. Alle Italiener wissen um die schweren Wunden, die der Boden des italienischen Mut- terlandes erlitten hat. Italien werde durch die Tapferkeit seiner Armee und durch 
die Entschlos- senheit aller seiner Bürger u. in der Achtung vor feinen Institutionen, die ihm je und je geholfen haben, sich wieder aufzurichten, den Weg zum Erfolg finden. Mehr als je bin ich heute mit euch im unerschütterlichen Glauben an 
die An- sterblichkeit unseres Landes verbunden. Gez. Vittorio Emanuele. Gegengez. Badoglio. ... und des neuen Regierungschefs. Radio Rom verbreitete am Sonntagabend nachfolgende Proklamation des Marschalls 
Ba- doglio: Italiener! Im Namen 
Seiner Majestät, des Königs 
und Kaisers, übernehme ich 
die Mili- tärregierung des Landes unter Erteilung von Vollmachten. Der Krieg geht weiter. Italien, das durch die 
Invasion seiner Provinzen und seine in Trümmer gelegten 
Städte schmerzlich gettoffen ist, wird sein Wort halten, eingedenk seiner antiken Tradition. Die Reihen um Seine Majestät den König 
und Kaiser, das lebende Symbol des Vaterlandes und 
das Beispiel für uns alle, müssen 
enger geschlossen werden. Die 
mir erteilte Aufgabe ist klar und präzis. Sie wird auf das gewissenhafteste ausgeführt wer- den. Wer sich einbildet, daß die normale Ent- Wicklung unterbrochen werden könne, oder wer versucht, die öffentliche Ordnung zu stören, wird ohne Gnade getroffen werden. Es lebe Italien, es lebe der König I gez. Pietro Badoglio. Marschall Badoglio Pietro Badoglio wurde 
am 28. September 1871 in Grazzano-Monferate im Piemont qe- boren. 1388 kam er auf die Militärakademie in Turin, die 
er 1890 als Artillerieleuinant ver- ließ. 
Bereits 1896 kämpfte er in Afrika Im Libyschen Feldzug bewährte 
er sich als Gene- ralstabsofiizier und im ersten Weltkrieg zeich- nete er sich bei der Erstürmung der Brücken- köpfe Sabotino und San Michele aus, die zur Eroberung der Stadt Görz führte. Badoglio wurde dafür zum Generalmajor befördert. Spä- ter wurde er. kommandierender General des •SSQrn. Korps der Zweiten Armee, dessen Ge- neralstabschef er während der Augustoffensive 1917 gewesen war. Nach der 
Niederlage »oj Caporetto führte 
er sein Korps geordnet über die Flüsse Tagliamento und Piave zurück. Nach dem Zusammenbruch 
des österreichisch-ungari- schen Widerstandes stand Badoglio an der Spitze der Delegation für den in der Villa Giusti abgeschlossenen Waffenstillstand. Im 
Jahre 1919 wurde Badoglio „ad inter- im" das Kommando des gesamten Äeeres über- tragen, und im 
November desselben Jahres erfolgte seine Ernennung zum Generalstabschef. 1924 ging er als Gesandter nach Brasilien, um aber bereits im April des folgenden Jahres wieder seinen Posten als Chef des General- stabes zu übernehmen. Im 
Juni 1925 wurde Badoglio zum Feldmarschall ernannt. Vom 
Dezember 1928 bis zum November 1933 war Badoglio Gouverneur in Lybien. Dann wurde er von Lustmarschall Balbo 
abge- löst, und Badoglio übernahm wieder den Posten als Generalstabschef. Nachdem zunächst die Leitung des 
abessini- schen Feldzuges, den Badoglio als Chef des Generalstabes des italienischen Äeeres vorbe- reitet hatte, unter dem Oberbefehl des Generals de Bono gestanden hatte, übernahm Badoglio Mitte 
November 1935 die Leitung der Opera- tionen selbst. Am 5. Mai 1936 konnte er in Addis Abeba einziehen. Anmittelbar darauf wurde Badoglio zum Vizckönig von Abessinien 
ernannt, aber bereits 
am 21. Mai durch 
Mar- schall Graziani ersetzt und nach Rom als Ge- neralstabschef der gesamten Wehrmacht zurück- gerufen. Badvglio erhielt den Titel eines Ker- zog» 
von Advis Abeba. üebtv den abessinischen Krieg veröffentlichte Badoglio im November da6 Buch „La Guerra d'Etiopia". Als Generalstabschef der gesamten Wehr- mocht hat Badoglio dann den Eintritt Italiens in den Krieg an der 
Seite Deutschlands (10. Juni 1940) vorbereitet. 
Am 6. Dezember 1940 wurde Badoglio durch königliches Dekret auf eigenen Wunfch als Generalstabschef der Wehrmacht entlassen. Badoglio 
gehört seit 1919 dem Senat an. Verbängung des Kriegsrechtes. Radio Rom hat am Montag eine Prokla- mation Marschall Badoglios verbreitet, welche die Verhängung des Kriegsrechts in Italien bekannt gibt. In der Proklamation heißt es unter anderem: „Italiener! Nach dem Appell des Königs und Kaisers und meiner Proklamation, muß jeder von 
euch seinen Arbeitsplatz wieder ein- nehmen 
und seine Aufgaben erfüllen. 
Es ist nicht der Augenblick, sich zu Kundgebungen hin- reißen 
zu lassen, denn sie werden nicht geduldet werden. 
Die Erfordernisse der 
heutigen schwe- ren 
Stunden sind Ernst, Disziplin und Vater- landsliebe jedes einzelnen von euch. Von jedem rd verlangt, daß er alles tue, was im höchsten Interesse der Nation liegt. 
Ansammlungen sind verboten, und die Behörden haben den Befehl, alle Zusammenrottungen aufzulösen. Die Auf- ficht über die öffentliche Ordnung erfolgt unter Kontrolle der Militärbehörden." Eingliederung der Miliz tu die Armee. In einem 
von Marschall Badoglio heraus- gegebenen Communique wird bekanntgegeben, daß die nationale Miliz jetzt einen Teil der italienischen Armee bildet. Die Miliz wird daher zusammen mit der übrigen Armee an der Landesverteidigung teilnehmen. Manifest Marschall Badoglios. Radio Rom veröffentlichte nach der Prokla- mation Marschall Badoglios das folgende Manifest des neuen italienischen Regierungs- chefs: „Die Kommandanten der Armeekorps und der Landstreitkräfte übernehmen die Sicherung der öffentlichen Ordnung. Ich übernehme die Verantwortung für die öffentliche Ordnung in der Provinz Rom. Ich zähle auf das hohe Pflichtgefühl und den Patriotismus aller Bür- ger zur Innehaltung der Verfassung. Aeberall, wo es 
notwendig sein sollte, wird von der be- waffneten Macht Gebrauch gemacht werden ge- genüber jedermann, der 
das Gesetz mißachten würde. Ich befehle: 
1. Die gesamten Streitkräfte des Staates und die Polizeikräste der Provinzen, die verschiede- nen Milizen, die bewaffneten Ziviltruppen und die vereidigte Garde sind mir unterstellt. Die Kommandanten haben sich bei ihren Armee- korpskommandanten zur Entgegennahme von Instruktionen einzufinden. 2. Es besteht ein Ausgehverbot vom Eintritt der Dämmerung bis zum Morgengrauen. In dieser Zeit ist es keiner 
Zivilperson gestattet, sich außer dem Kaufe aufzuhalten, mit Aus- nähme der Geistlichen, Aerzte und Kebammen. Während des Nachtdienstes der Eisenbahnen bedürfen die Benützer der betreffenden Züge einer persönlichen Ausweiskarte. Die Verwal- tungsbureaus aller Art, die Theater, Kinos und Sporthallen müssen in dieser 
Zeit geschlos- sen bleiben. 3. Ansammlungen von mehr als drei Perso- nen 
sind strikte unter allen Amständen an öffent- lichen Orten untersagt. Der Verkauf 
von Was- fen und Munition 
ist streng verboten. Automo- bile, Motorboote und Flugzeuge aller Art dür- fen nicht verwendet werden, ausgenommensfir öffentliche Dienste und von Militärstellen. Wer solche Verkehrsmittel bentttzen will, muß im Besitze einer Bewilligung der Zivil- und Mili- tärbehörden sein. Der Anschlag von Druck- schriften, Manuskripten oder Anzeigen aller Art an öffentlichen 
Stellen ist, ausgenommen an den katholischen Kirchen,, untersagt._ 4. Jedes Signalisieren mit Spiegeln oder Lichtern ist untersagt. Alle Lizenzen für Feuer- Waffen sind bis auf weiteres nichtig. Die zu» ständigen Behörden 
werden diese Weisung hin- sichtlich der Lizenzen zur gegebenen Zeit wieder annullieren. Alle Besitzer von 
Feuerwaffen sind gehalten, diese bei sich aufzubewahren. Sie tra- gen die Verantwortung, daß die Feuerwaffen nicht benützt werden. 6. Alle Italiener, die sich von ihrer Wohnung entfernen, müssen Identitätsausweise und ihre Photographie 
auf sich tragen. Auf Ersuchen der Vertreter der öffentlichen Ordnung oder der Ar- mee sind sie gehalten, ihren Identitätsausweis vorzuweisen. 6. Die Zeitungen dürfen täglich nur einmal erscheinen. 7. Alle auf die Straßen gehenden 
Türen mlls- sen Tag und Nacht geöffnet bleiben und gemäß den gegenwärtigen Verdunkelungsbestimmun- gen 
beleuchtet sein. Die Fensterläden aller 
Ääu- ser müssen in der Zeit des Ausgehverbotes 
ge- schlössen bleiben. 8. Die Militärpatrouillen und die übrigen Vertreter der öffentlichen Ordnung unter mei- nem Befehl machen" nötigenfalls von ihren Feuerwaffen Gebrauch, um den 
obigen Weisun- gen Nachachtung zu verschaffen. Alle 
Aebertre- Das neue Gift Kriminal-Roman von Paul Altheer lAbdrucksrecht Schweizer Feuilleton-Dienst) Im 
Neunzigkilometertempo sauste das Auto auf der Äeerstraße Bern —Zürich durch die Nacht. Wie Schatten stürzten die der Straße zunächst stehenden Bäume an dem Wagen vor- bei, von dem man nicht viel mehr als ein stark zischendes Geräusch vernahm, das 
ebenso rasch wieder in vollständige Stille versank, wie es aus dem Schweigen der Nacht, raketenartig, empor- gepreßt war. Am Steuer des Wagens erkannte man im Widerschein des schwachen Lichts, das vom Schaltbrett zurückstrahlte, einen schwerfälligen Mann mit breitem, 
unzartem Gesicht, das mit ganzem Interesse der Straße zugewendet war. Neben ihm eine schlanke Frauengestalt, mit geschlossenen Augen, blaß. . . Ein leiser Knacks — und das Lichtlein des Schaltbretts war weg. Von den beiden Men- schen war nichts mehr zu sehen. Ein 
Reh wechselte im Lichtkegel der Schein- werfer über die Straße. Seine zarten Aufe glit- ten auf 
dem Asphalt aus — und um 
ein Sbaat wäre der Wagen über das verängstigte Tier hin. weggefahren. 
Der Mann am Steuer hatte für die kleine Episode nichts als einen halblauten Fluch übrig. Wetterleuchten, das weit vorn, über Baden oder Zürich, den Äimmel cmfzucken ließ, wurde häufiger und Heller. Aarau mit seinen Häuserreihen und letzten Lichtern 
glitt links und rechts deS Wagens vor- bei, dessen Tempo auf siebzig Kilometer herab- gefallen war. Dann wurden aus den siebzig wieder achzig, neunzig, hundert, hundertfünf Kilometer. Die ersten Tropfen 
eines schweren Regens klopften drohend an 
die Windschutzscheibe und auf daS pralle Dach des Wagens. 
Dann setzte, mit jäher Plötzlichkeit, ein Gewitterregen ein, der sofort jede Sicht verunmöglichte. Der Fahrer verlangsamte das Tempo und suchte mit zusammengekniffenen Augen, in der Art Kurzsichtiger, die 
ihre Sehschärfe verbessern wollen, daS auf ein Minimum zufammenge- fchmolzene 
Licht seiner Scheinwerfer zu durch- dringen. Plötzlich blitzte, knapp vor dem Wägen, etwas auf: Ein rotes Schlußlicht, glitzerndes Nickelge- stänge, eine 
dunkle Gestalt.. . Gleich 
darauf ein Anprall, ein harter Schlag gegen die Steuerung, ein jäher Aufschrei! ' Der Automobilist biß die Zähne aufeinander., 
Hebet der Nasenwurzel zeigten sich zwei dicke Falten. Automatisch hatte 
sich sein Fuß gegen daS Bremspedal gestemmt. Das 
Gas setzte aus. Blitzschnell sausten Gedankenreihen durch das Äirn des Mannes am Steuer — mit dem Er- gebnis, daß er einige Sekunden darauf die Bremse losließ 
und so energisch auf den Gas- Hebel drückte, daß der Wagen, wie aus der 
Pi- stole geschossen, in Regen und Dunkelheit hinein sauste. Nach wenigen Sekunden muß er aber das Tempo wieder verlangsamen, wenn er nicht eine furchtbare Katastrophe riskieren wollte. Durch den Anprall und den plötzlichen Stopp war die Begleiterin des Fahrers mit dem Kopf gegen 
die Windschutzscheibe geschleudert worden. Sie rieb sich die Stirne und fragte verschlafen und weinerlich: „Was ist 
los? Ist etwas geschehen?" „Nichts", brummte der Mann. „Wer hat denn jetzt 
eben so geschrien?" fragte die weibliche Stimme weiter. „Niemand. CS hat niemand geschrien." „Ich Hab eS doch deutlich 
gehört, Max." „Du hast 
geträumt." DaS klang so energisch, daß sie sich wohl oder Übel zufrieden gab. Noch einmal 
griff sie mit zitternder Äand unsicher nach der 
Stirne, die schmerzte. Dann ließ sich 
das Mädchen wieder zurücksinken und verfiel abermals in jenen traumgestörten Schlaf der Aebermlldung und Aebersättigung. Der Fahrer raste durch Baden, wo 
das Was- ser in Bächen über die Straßen 
lief. Erst als Zürich nahe war, hörte der Regen auf. Die Sicht wurde wieder 
klar, so daß er von weitem die Tausende von Lichtem der Stadt blinken sah. Vor einem der großen Miethäuser an der Be- derstraße 
hielt daS Auto. Der 
Fahrer löschte die Lichter 
und schaltete daS kleine Lämpchen des Schaltbrettes ein. Dann rüttelte er seine Be- gleiterin, so sanft eS seiner schwerfälligen Art möglich war, an der Schulter: „Nelly! 
Wir sind da. Aussteigen!" Wie ein 
Kind schlug sie die Augen auf und tastete mit verschlafenen Blicken die Amgebung ab. Sind wie ein Kind wiederum 
wollte sie die Augen 
wieder schließen und 
weiter schlafen. „Gib 
den Schlüssel, Nelly. Ich will dir auf- schließen." Nun 
war sie mit einem Male, ganz wach. Sie schlug ihre zarten Arme um seinen ÄalS und küßte den herben Mann mit kindlicher Zärtlich- keit. 
Dann riß sie sich 
loS.und verschwaud rasch und 
laütlo« im Dunkel einer SauStüre.' ' Der Automobilist schaltete die Stadtbeleüch.
	        

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