Kolle
Ddeter Kaisers
ger Studentenzeit verfasste politische Gedichte des aufgeklärten Kaiser
wurden diesem noch lange später zum Vorwurf gemacht mit dem Hin-
weis, dass darin sein verkappter Radikalismus zutage trete.
Mit Karl Bader,/!!®* dem späteren Direktor des Polytechnikums in Karls-
ruhe, korrespondierte Kaiser nach dessen Wegzug aus Freiburg bis in den
Mai 1819.!* Die Korrespondenzen geben Aufschluss über die wirkliche
Gedankenwelt Kaisers. Im Dezember 1818 fühlte er sich eher unglücklich,
gehemmt und unzufrieden. Der Verein stehe «schlecht, auch ihn hat der
Zahn der Zeit benagt», im grossen Haufen gehe alles verloren, weil die fel-
senfeste Überzeugung fehle. Er selbst habe viel «Sclavisches» zu tun, er
arbeite an «etwas Grösserem», aber «manche haben ein gemüthliches
Leben, und brauchen sich die süsse Gewohnheit des Daseins und Wirkens
nicht so theuer zu erkaufen». Die Burschenschaft wachse mächtig, es sei
alles «noch im Keime bis der Tag der Reife, und so Gott will, auch der
Ärntde kommen» werde.
In diesem ersten Brief aus Freiburg deutete Kaiser schon an, dass er die
Stadt verlassen werde. Im Januar 1819*® berichtete er Bader, dass es mit
der Burschenschaft mächtig vorwärts gehe, obwohl noch die wenigsten
Mitglieder «dressiert» seien und zu viele nicht einmal eine Ahnung davon
hätten, «was da kommen soll». Der Antichrist müsse bald erscheinen,
sonst verleide ihm das Leben. Im Verein lasen sie damals den «Contrat
social», ein «treffliches Buch», und debattierten «schrecklich» darüber. Er
habe «indess erstaunliche Ideen im Kopf», doch die «verdammten Folian-
ten», das Studium wohl, brächten ihn um alle Freuden. Im folgenden Brief
berichtete Kaiser von den entmutigenden Vorgängen im Verein, in wel-
chem es sehr trocken und wenig herzlich zugehe.!!” Weiter teilte er Bader
die Namen von Burschenschaftern in Deutschland mit, die er kannte und
113. MÜNCH: Erinnerungen, Bd. 1, 5. 261 ff.
114. GStA Merseburg, Rep. 77: Ministerium
des Innern; Fünf Briefe Kaisers an Bader, —
Zusammenfassungen der Briefe finden sich im
Generallandesarchiv Karlsruhe, Sign. 233/
1711, fol. 8 (Baders Papiere, fol. 80 ff.).
115. GStA Merseburg, Rep. 77: Ministerium
des Innern; Kaiser an Bader, dat. Freiburg,
56. Tag unserer deutschen Burschenschaft
1818; Notiz Baders: Erhalten Göttingen am
28. Dezember 1818.
116. GStA Merseburg, Rep. 77: Ministerium
des Innern; Kaiser an Bader, dat. Freiburg,
78. Tag unserer deutschen Burschenschaft
1819; Notiz Baders: Erhalten Göttingen am
28. Januar 1819,
117. GStA Merseburg, Rep. 77: Ministerium
des Innern; Kaiser an Bader, dat. Freiburg,
lL, Frühlingstag 1819; Notiz Baders: Erhalten
am 23. März 1819
Zeichnung von C. Waldmann mit
dem Titel: «Zu P.Kaisers Feuer-
jed», gesungen am Fest der Bur-
schenschaft auf dem Wartenberg im
Oktober 1818.
Der Text findet sich auch im Allge-
meinen Deutschen Kommersbuch,
vertont von Ferdinand Fürchtegott
Huber aus St. Gallen, der gleichzei-
tig mit Kaiser bei Fellenberg in Hof-
wil als Musiklehrer tätig war (1817—
1824), dann in Bern und St. Gallen.
- Historisch-biographisches Mu-
sikerlexikon der Schweiz (1928),