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«Engere Verein»
tig empfohlen oder auf dem Korrespondenzwege angesprochen. General-
vikar Wessenberg, der mit Ernst Münch in schriftlicher Verbindung stand,
spendete eine beachtliche Summe zur Unterstützung des Vereins. Auch
innerhalb der Universität gab es Unterstützung, etwa durch Karl von Rott-
eck, der die Idee der Burschenschaft «eine göttliche» nannte, und vom
beliebten Professor Hornthal, der, wie es hiess, von «der Deutschheit (fast)
zu voll» sei.!®! Frauen konnten damals noch nicht eigentliche Mitglieder
des Vereins werden, doch gab es schon Bestrebungen, sie einzubezie-
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Trotz der feurigen Begeisterung seiner Mitglieder hat der «Engere Verein»
keine direkten Aktionen entfaltet oder konkrete Resultate erzielt — sieht
man davon ab, dass die Diskussion und Auseinandersetzung mit den
nationalen Fragen bei manchen Mitgliedern ein Weltbild schuf, das auch
später standhielt. Es ist ja bemerkenswert, dass viele Ideen der Burschen-
schafter — auch Peter Kaisers — in der Deutschen Nationalversammlung
von 1848 erneut hervortraten und teilweise verwirklicht wurden. Im All-
tag beschränkten sich die Mitglieder des Vereins auf die verbale Ebene. In
Briefen ermunterten und bestärkten sie einander für den Tag, an dem das
Morgenrot ihrer Ideen anbreche.!®® Mit gewaltigen Kraftausdrücken füll-
ten sie die Blätter ihrer Tagebücher.!** Selbst der «Sinn und die Kraft Her-
manns», des Siegers vom Teutoburger Walde wurden beschworen. Karl
Bader, mit Kaiser zusammen der aktivste Genosse, trug mit Stolz den
Namen «Washington» — verleugnete später jedoch die Ideen der Studen-
tenzeit, indem er seine Tagebücher als «Depositorium seiner Narrheiten»
und deren Auslegung als «ein höchst unangenehmes Geschäft für einen
verständigen Menschen» bezeichnete. Die Genossenschaft erreichte
nur ein kurzes Leben. Der politische Druck nach der Ermordung Kotze-
101. BayHStA MA 7717/1, £. 11. — Vgl. die
Namen bei MÜNCH: Erinnerungen, Bd. 1,
5.320. — OPPERMANN: Burschenschaftliche
Bewegung in Freiburg, S. 172. — WENTZCKE:
Freiburger Burschenschaft, passim.
102. BayHStA MA 7717/1, f. 11: Auch
«Frauenzimmer (...) waren in die Geheimnisse
des Vereins eingeweiht und nahmen wenig-
stens durch Erglühen für dessen hohes Streben
daran Anteil»!
103. Franz Müller formulierte die Ziele des
Vereins wie folgt (BayHStA MA 1051): «Vereini-
gung aller Deutschen ohne Rücksicht auf Ver:
schiedenheit der Stämme und Staaten, einen
engen Verband zwischen den Völkern und den
Fürsten untereinander, und zwischen Fürst
und Volk zur Erstrebung der einzigen ächten
Souveränität, der wahren Volksfreiheit, nem-
lich der Befreyung von allem störenden frem-
den Einflusse auf die Regierung». Sie kämpften
gegen die alten Fehler «des Trunkes, des Duel-
lierens und der Entzweiung» und sie wollten
«durch_Erziehung auf den Nationalsinn der
Deutschen einwirken» — also genau das, was
Peter Kaiser bei Fellenberg zu verwirklichen
suchte,
104. Peter Kaiser führte allerdings kein
Tagebuch. Die Ausdrücke Karl Baders in des-
sen Tagebuch konnte sich der Referent der
Mainzer Untersuchungskömmission nur mit
einer unglücklichen Liebschaft erklären; Bader
habe versucht, «seine Sinnlichkeit mit politi-
schen Ideen zu bekämpfen»!
105. BayHStA MA 7717/1, f. 14.
106. O. OPPERMANN: Burschenschaftliche
Bewegung in Freiburg, S. 193 f.— WENTZCKE:
Freiburger Burschenschaft, S. 33, 37 ff., 51 ff.
107. Paul WENTZCKE, S. 12, zit. nach ALL-
GÄUER: Kaiser, 5, 23. — Zusammenfassungen
der Briefe Kaisers an Karl Bader in den Einzel-