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orderungen
verfasste Adresse an den Landesfürsten. Sie drückte das Begehren nach
der früher vorhandenen Freiheit aus, die «unter der Last eines neuen
Bevormundungs- und Verwaltungssystems» verschwunden sei, weiter die
Gewährung einer freieren Verfassung und der Entlastung des Grund
eigentums — in der Summe den Wunsch, «in Zukunft als Bürger und nicht
als Unterthanen» behandelt zu werden.“ In politischer Hinsicht verlang-
ten die Ausschüsse neben einer neuen Verfassung die Neufassung der
Gemeindeordnung, die Einschränkung der Bürokratie, die Einstellung
von Inländern oder wenigstens Personen aus dem «freieren deutschen
Bundesgebiet» — also nicht aus Österreich — sowie die «Volksbewaff-
nung». Materiell sprachen sie unter anderem die Aufhebung der Feudal-
lasten an, zudem die Ablösung der Zehnten, freie Jagd und Fischerei und
die Einrichtung von Zoll und Weggeld als Landesregalien. Die Forderun-
gen betrafen demnach die Bereiche Freiheitsrechte, Mitbestimmung und
Selbstverwaltung. Eine liechtensteinische Verfassung sollte auf der Basis
der damals formulierten deutschen Grundrechte beruhen.“®
Nachdem Fürst Alois IL eine Verfassung und das Zugeständnis damit ver-
bundener Rechte in Aussicht gestellt hatte, verdeutlichten die Ausschüsse
am 24. März 1848 ihre Forderungen in einer zweiten, ebenfalls von Peter
Kaiser entworfenen Adresse. Die Verwaltung sollte mit Leuten besetzt
werden, die das Vertrauen des Volkes besässen. Man verlangte «einfache,
wenig kostspielige und freie Formen», weil die Monarchie in der gegebe-
nen Art für das Land finanziell nicht tragbar sei. Ein besseres Schulwesen,
Gedanken der sozialen Gerechtigkeit, das Verlangen nach vermehrter
Partnerschaft zwischen Fürst und Volk waren weitere Punkte.“*°! Im gan-
zen betrachtet waren die Begehren vom März 1848 durchaus revolutionär,
jedoch — wie Landvogt Johann Michael Menzinger zutreffend bemerkte
399. Die Adresse wird referiert bei GEIGER:
Geschichte Liechtensteins 1848—1866, 5. 60 ff.,
— Zur Sache auch GEIGER: Politisches Wirken
P. Kaisers, S. 33, und DERS.: Erzieher, Histori-
ker, Revolutionär, 5.37. — Ein Entwurf der
Adresse liegt im Liechtensteinischen Landes-
archiv, LLA Schädler Akten ad 264.
400. Zu den zentralen Problemen der deut-
schen Verfassungsentwicklung, der verfas-
zungspolitischen Vielfalt Deutschlands vgl
nun Dieter GRIMM: Deutsche Verfassungsge-
schichte, 1776—1866. Vom Beginn des moder-
nen Verfassungsstaats bis zur Auflösung des
deutschen Bundes. Frankfurt/Main 1988; zur
Verfassungsentwicklung im Vormärz, S. 142 ff.,
zur Paulskirche, 5. 175 ff. — Zur Entwicklung
der liechtensteinischen Volksrechte vgl. die
Arbeiten von QUADERER und GEIGER, IN:
Liechtenstein Politische Schriften, Bd. 8 (1981).
— Nun auch Alexander IGNOR: Monarchi-
sches Prinzip und demokratisches Recht in der
liechtensteinischen Verfassungsentwicklung.
{N: Liechtenstein — Fürstl. Haus und staatl.
Ordnung, 5. 465—485 (mit Literatur).
401. Referiert bei GEIGER: Geschichte
fLiechtensteins 1848—1866, 5. 65 {.