8
ur
der Unterzeichnung eines Einverständnisses (4. Juli 1842) übersiedelte die
Schule von Disentis nach Chur und wurde mit der dortigen bischöflichen
Schule vereinigt. In diesem Einverständnis wurden grundsätzliche Punkte
geregelt. Umstritten gewesen waren, neben der obersten Aufsicht über die
Schule, in erster Linie die Wahl des Rektors und der Professoren sowie die
Auswahl der Lehrmittel. In den Artikeln 2 und 4 des «Einverständnisses»
war dem Bischof «inbezug auf die ganze Schulanstalt die oberste Aufsicht
und Entscheidung in allem, was laut göttlichen und kirchlichen Institutio-
nen und Befugnissen über Reinheit der Lehre und der Sitten ihm zustehe,
zu wachen» zugestanden worden; zudem sollte er bei der Wahl des Rek-
tors durch den Schulrat die «Admission» geben dürfen.??
Die Wahl bzw. Bestätigung Peter Kaisers als Rektor der Schule war umstrit-
‚en: der Schulrat wollte an Kaiser festhalten, die bischöfliche Seite jedoch
verwahrte sich nicht nur gegen seine Person als Rektor, sondern suchte
sogar die Verpflichtung als Professor zu verhindern. Offenbar hegte die
Kurie, nachdem in der «Schweizerischen Kirchenzeitung»??” und aus
anderen Ecken scharf auf Kaiser geschossen worden war, Zweifel an der
Lauterkeit der Lehre und der Sitten in Kaisers Erziehungs- und Unter-
rtichtstätigkeit! Die «Schweizerische Kirchenzeitung» betitelte Kaiser als
seinen religiösen Bundes- und Herzensfreund der Aargauer Kirchenstür-
merei, der sein katholisches Glaubensbekenntnis bereits in einem offiziel-
len Programm vom Jahr 1830 dargelegt», in Disentis aber ganz anders
gesprochen habe.”® Die Äusserungen von 1830 in den «Andeutungen
über Geist und Wesen der Geschichte» liessen ein Zutrauen zu Kaiser
nicht zu.”” Er zeige sich als Radikaler, und ein Ausländer seier auch. Wenn
Kaiser nicht mehr gewählt werde, sei das «für die Schule wahrhaft kein
Inglück». Der katholische Schulrat beharrte auf der Wahl von Peter Kaiser
325. Zit. nach BUNDI: Kaiser, S. 148 f.
326. Die entsprechenden Aktenstücke und
Kommentare sind abgedruckt in den drei fol-
zenden Broschüren: (Johann Franz FETZ):
Geschichtliche Darstellung des katholischen
Kantonsschulwesens in Graubünden 1841.
Chur 1841. — (Gegenschrift): Die katholisch-
5ündnerische Schulangelegenheit, dargestellt
aus den Akten des Grossen Raths und des
katholischen Schulraths. Chur 1842 (Vorange-
stellt ist ein Wort Johann Michael Sailers). —
Die katholische Kantonsschule in St. Luzi;
oder: Actenmässige Darstellung der Anstände
zwischen dem Hochwürdigsten Ordinariat
und dem Löbl. katholischen Schulrat in Betreff
derselben. Chur 1843,
327. Artikel bei MÜLLER: Charakteristik,
5.76 ff., 99 f. — Siehe auch COLLENBERG: de
"atour, S. 142 £
328. Schweizerische Kirchenzeitung 1842,
5. 10 £., 374, 593 £f., 654 £., 781 £.
329. Der Aufsatz wurde Kaiser noch 110
Jahre nach seinem Erscheinen zum Vorwurf
gemacht! — Vgl. die Vorwürfe in der «Schildwa-
che», Nr. 11 vom 11. Dezember 1943, und die
Zorrektur in Nr. 22 (1944).
Schulzeugnis des Disentiser Rek-
tors Peter Kaiser für Johann Jenni.
Es lautet: «Johann Jenni v. Vaduz hat
im Winterhalbjahr von 1840 auf
1841 den Unterricht der IIten Real-
klasse an hiesiger kath. Kantons-
schule besucht und sich in der Reli-
zion, deutscher Sprache, Geogra-