:ugen Hemmerle
\liwot (Colorado)
«Es macht mir ja nichts aus, die Uniform der USA zu tragen...»
Nachdem ich in der PAV eine anstrengende vierjährige Maschinenleh-
re abgeschlossen hatte, fühlte ich mich unabhängig und frei. Ich ahn-
te, dass es noch viel mehr zu sehen gibt auf dieser Welt. Mit meinen
2eu erlernten beruflichen Fähigkeiten waren die Chancen gut, in den
JSA eine Arbeit zu finden. Mein Onkel Julius Nipp (der 1920 ausge-
wandert war) verbürgte sich für mich. Mit ein paar gesparten Dollars
ging ich zur ärztlichen Untersuchung, beantragte ein Visum und kauf-
te ein Billet für die Überfahrt auf der «Queen Elizabeth». Einige Tage
später fand ich mich an einem New Yorker Hafendock wieder (wie sie
sagen: «just off the boat»), mit zwei alten Koffern in der Hand, unge-
fähr 200 Dollars in meiner Tasche und ohne Ahnung von der engli-
schen Sprache, als ein New Yorker Taxichauffeur anhielt, mein Gepäck
ın den Kofferraum warf und wir davonfuhren. Man denke nur: Das
war in New York, aber vor mehr als 40 Jahren, 1952. Gott sei Dank
war dieser Fahrer ehrlich und nett. Er brachte mich zur Grand Central
Train Station und zeigte mir eine Reiseinformationsstelle. Schon war
ich unterwegs nach Milwaukee (Wisconsin).
Ich lebte zwei Jahre bei meinem Onkel und meinen Cousins in Mil-
waukee und arbeitete als Werkzeugmacher. Mein guter Freund John
Jung und ich genossen unsere neu gefundene Freiheit und den Wohl-
stand. Jeden Samstag abend zogen wir in Richtung Stadt, um zu fei-
arn. Das einzige Problem war, dass Onkel Julius eine Leidenschaft für
lie Fischerei besass (das war seine Leidenschaft, sicherlich nicht die
meinige!) und mich nach meinem Samstagabend-Ausgang früh am
Sonntagmorgen weckte, um fischen zu gehen. Ich erinnere mich, wie
ich in diesem Fischerboot sass und ruhig hin- und herschwankte — nur
ım aufgerüttelt zu werden beim Gerangel mit einem Fisch.
Annamary, meine Cousine, hatte gehört, dass alle Männer über 17
sich für den Wehrdienst melden müssten, und so bestand sie darauf,
Jass ich dies tat. Sie kümmerte sich stets um ihren Cousin vom Land.
Nach kurzer Zeit — ja tatsächlich - wurde ich eingezogen. Die Armee
sandte mich nach Bordeaux (Frankreich). Eines Tages, nicht wirklich
glücklich mit dem Militärleben, sagte ich zum Vorgesetzten: «Es macht
mir ja nichts aus, die Uniform der USA zu tragen, aber ich bin nicht
einmal Bürger.» Mit grossen Augen antwortete er schockiert: «Du bist
was ?» Innert Stunden fand ich mich vor einem Staatsbeamten wieder
mit der rechten Hand in der Luft. Schnell und ohne grosses Aufsehen
wurde ich zum amerikanischen Staatsbürger.
Bevor ich nach Frankreich reiste, hatte ich ein hübsches blondes
Mädchen kennengelernt in einem deutschen Vereinslokal in New York.
Hemmerle
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