zwischen ihren Eltern und Konrad in der amerikanischen Uniform
erinnert: «/ chönt hüt no räära», sagt sie mit Tränenglanz in den Au-
gen. Mutter habe dazumal schon gesagt, sie würde es keinem Kind
mehr empfehlen, auszuwandern. 1929 hatte auch sie ihren Sohn noch
zur Auswanderung ermuntert, doch fünfzehn Jahre danach zerriss ihr
das ÄAbschiednehmen fast das Herz. «Jedas Maal das Adia säga.
hedsch gseid», erinnert sich Hedwig Beck und zählt auf: «Im August,
im November und wider im Dezember.»
Konrad kehrte 1946 an seine alte Stelle im California Hospital der
Lutheranischen Spitalgesellschaft zurück, die er 1932 angetreten hat:
te. Hier arbeitete er sich sich von einer Küchenhilfe zum Chefkoch hin
auf. Von 1948 bis zur Pensionierung im Januar 1977 leitete er die
Grossküche und war für die Zubereitung von täglich über tausend
Mahlzeiten verantwortlich. Er wurde eine kleine Berühmtheit in Los
Angeles. Bei seiner Pensionierung lautete die Schlagzeile: «Nach
4 '/z Millionen Mahlzeiten hört Chefkoch auf.»
Nach seiner Auswanderung führte Konrad in L.A. ein vielleicht
überraschend sesshaftes Leben. Er blieb nicht nur seinem Arbeitgeber
über Jahrzehnte hinweg treu, sondern bewohnte mit seiner Familie
auch immer das gleiche Haus auf einem Hügel nordöstlich vom Stadt
zentrum. 1946 heiratete er Margaret Kaelin, die er noch vor dem Krieg
im Schweizerverein kennengelernt hatte. Mit Hilfe von Verwandter
und Freunden baute er in der Freizeit und in den Ferien sein eigenes
Haus. In verschiedenen Briefen berichtete er der Familie in Triesen
berg von der «leichten» amerikanischen Bauweise. Er arbeitete gerne
am Haus. Immer wieder änderte er etwas ab oder baute etwas aus
Margaret und Konrad hatten drei Kinder: Francis (1948), Mary Anne
(1950) und Anthony (1953). Konrad schrieb gewöhnlich noch zweima:
pro Jahr nach Triesenberg, zu Ostern und zu Weihnachten. Inhalt und
Grundtenor der Briefe bleiben in all den Jahren im wesentlichen
gleich: Er preist weiterhin direkt oder indirekt die Vorteile Kaliforniens
und berichtet über die Fortschritte der Kinder, wann sie anfangen zu
laufen, wann und wo sie zur Schule gehen, etc. Todesfälle in kaliforni-
schen Teil der Familie werden kurz berichtet. Später wiederholt sich
alles nach der Geburt der Enkel. In den Briefen aus über sechzig Jah-
ren zeichnet sich das Kommen und Gehen der Generationen ab.
In manchen Jahren gibt es auch Ungewöhnliches oder Dramati-
sches zu berichten: «Das Erdbeben war 20 Km von hier, hatten keinen
Schaden zu Hause. Das Hospital, wo ich arbeite, war ziemlich beschä-
digt» (Brief vom 10. Juni 1971). «Kein Regen seit letzten Mai. Hatten
vor zwei Wochen ein grosses Feuer, war sehr windig und warm am
Fusse der Berge. Wir sahen es von unserem Haus. Über 50 Häuser nie-
dergebrannt» (Brief vom 14. Dezember 1975).
Im August, November
und Dezember 1945
besuchte Konrad Sele in
amerikanischer Uniform
seine Angehörigen in
Triesenberg
Persönliche Beiträge