nerzucht sollten die Ernährungslage ebenfalls verbessern helfen. Trotz
aller Anstrengungen blieben die Mittel knapp. Empört und verbittert
schrieb Aline 1893 über ihre materielle Situation im Tagebuch: «Wir
sind bereits seit acht Jahren hier und immer noch nicht aus der Armut
herausgekommen ... Ich habe nicht einmal einen Dollar, über den ich
frei verfügen könnte. Ist das gerecht, grosser Gott? Nein!»
Die Empörung schlug im selben Jahr um in Resignation, nachdem
nur noch ein Kostgänger bei ihnen geblieben war und eine anhaltende
Trockenheit um die Erträge aus dem Garten fürchten liess: «Da ich
sehe, dass uns nichts gelingt, habe ich nur Selbstmordgedanken im
Kopf. Und die Trockenheit, wieder wird nichts aus dem Garten zu ern-
ten sein. Oh! könnte ich nur sterben.»"*®
Martin war nach seiner Kündigung in der Brauerei der Freimaurer-
loge «Knights of the Maccabees» beigetreten.'*” Berufliche Erfolge auf-
grund dieser Verbindung blieben aus. Als er im März 1893 Anteil-
scheine bei der Wabash Loan Savings and Building Association zeich-
nete, geriet auch dieses Unterfangen zum Verlustgeschäft. Nur wider-
strebend wandte er sich wegen einer Unterstützung an seinen Bruder
Jacques, der Versicherungsdirektor in Frankreich war. Alines Bruder
Gustave sah ebenfalls ihre Not und schrieb, dass sie nach Frankreich
zurückkommen sollten. Ihre Chancen wären besser, Martin könnte in
seinem Beruf arbeiten und Aline Privatunterricht geben.’!® Besorgt
erkundigte sich auch Marthe: «Hat Martin immer noch Arbeit? Was
will er machen? Es darf einem niemals an Arbeit fehlen, vor allem
nicht, wenn man eine Familie hat.»"**
Von seiten der amerikanischen Verwandtschaft schien die Hilfe
nicht gross. Es gab Spannungen zwischen den Familien. «Die Ver-
wandten deines Mannes und deines Vaters, sind sie ein bisschen bes-
ser zu euch ?»!* Die Zugehörigkeit Martins zu einer Freimaurerloge
spielte bei diesen Differenzen eine Rolle.
Martin kam beruflich nicht weiter. Aline notierte nüchtern in ihr
Tagebuch: «Martin arbeitet aufs Neue wieder in der Brauerei. Seit
dem 1. Juni 1895 und seit dem ist er nicht mehr mit den <«Macabees.
Wir haben seit ca. 1 Jahr keine Kostgänger mehr.»"*
Nach der Rückkehr in das Familienunternehmen besserte sich die
finanzielle Lage etwas: «Seit dem 19. September 1896 sind wir in
unserem Haus, das ich «Bellevue Cottage> nenne. Es gefällt uns gut,
wir spüren nicht den Wind von allen Seiten, obwohl es weder ganz fer-
tig noch ganz bezahlt ist. Aber mit der Gnade Gottes, hoffe ich, dass es
eines Tages so sein wird und dass wir einmal ein freies Dach über
unseren Köpfen haben.»
Die Brauerei bot auch diesmal keine Dauerstellung. 1898, vor dem
Hintergrund einer schweren Wirtschaftskrise, war Martin wiederum