sichern.” Um 1900 gab Emile seine formelle Selbständigkeit auf und
begann, in einem Industriebetrieb zu arbeiten.
Die Lohnarbeit verbesserte die ökonomischen Verhältnisse der Fa-
milie kaum. Mit einem Verdienst allein war der Lebensunterhalt nicht
zu sichern. So begann auch Emiles Frau, in der Fabrik zu arbeiten.
1902 berichtete Emile, dass nun seine älteste Tochter Marthe mit ihren
zwölf Jahren schon in die Fabrik ginge. In drei Jahren würde die klei-
ne Aimee auch zu arbeiten beginnen, in fünf Jahren dann Josef, der
den Abschluss bilde.”” Der Verdienst der Kinder trug wesentlich zum
Familieneinkommen bei: «Doch haben wir den Trost, eine kleine Toch-
ter zu haben, die gut arbeitet und uns jeden Tag 2 Francs nach Hause
bringt. Das ist recht tüchtig für ein Mädchen, die seit dem 26. Mai 13
Jahre zählt. Wenn die beiden anderen es machen wie sie, dann wer-
den wir in einigen Jahren glücklicher sein als heute, vorausgesetzt,
dass wir die Gesundheit haben.»”®
Das Geld blieb knapp. Der Streit mit dem Bruder Henri um die Leib-
rente der Mutter eskalierte 1903 und kam vor den Friedensrichter. In
der Folge dieser emotionalen Auseinandersetzung um die finanziellen
Ansprüche der Mutter wurde die Sprache deutlich härter. Emile be-
schwerte sich über die Ausdrücke, welche Henri und seine Frau ge-
brauchten. In seinem gekränkten Stolz aber schimpfte und drohte er
auf dieselbe Weise: «Es ist schändlich, dass er unseren Namen auf die-
se Art beschmutzt, dieser Lump, oh, ich kann ihn nicht mehr leiden.
Die armen Gelder, welche seine erste Frau zusammensparte! Seine
zweite Kuh gibt sie nun in grossem Stil aus zusammen mit ihrer
ganzen Familie, die immer noch bei ihnen steckt. Binnen zwei Jahre,
vielleicht schon in einem Jahr werden sie erbärmlicher als wir sein. So
wie sie leben, wird es nicht lange gehen, aber es ist gut so. Wenn er
dann mit seiner Frau und seiner Bande an meine Türe kommt, so kann
er gleich wieder gehen. Ich nehme einen Knüppel und werde ihn
benutzen, da seine Frau zu Mama gesagt hatte, dass Henri sie an den
Armen packen und einen Tritt in den Hintern geben würde. Du siehst
also, was es mit ihm auf sich hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass
Kinder solche Worte im Mund führen.»”
Was Emile seinem Bruder vorwarf, musste er nach dem Ersten
Weltkrieg am eigenen Leib erleben. Die Entfremdung zwischen ihm
und seinem jüngsten Sohn Josef begann mit dessen Arbeitsplatzwech-
sel von der Fabrik zur Eisenbahngesellschaft Ost.®° Die Differenzen
vertieften sich durch die Heirat des Sohnes, der die Eltern seiner Frau
bevorzugte. Gegenseitige Beleidigungen folgten. Schliesslich kam es
zu einer Messerstecherei zwischen Josef und dem Schwiegersohn von
Emile. Josef hatte die Mutter angegriffen, der Schwiegersohn hatte sie
verteidigt. Beide kamen wegen schwerer Körperverletzung vor den
Biographische Beiträge