aufwartet. «Im platonischen Schema vom «dreigeteiltem Leben sind zwei
dieser Gaben, die intellektuelle und die moralische, Geistesgaben, während
die dritte Gabe, die Blume, sinnlicher Natur ist. Zusammen machen sie ei-
nen ganzen Menschen aus ...»° Auch bei Raffael äußert sich der Herrschafts-
gedanke somit im Zeichen der Versöhnung der Gegensätze.
Fühlte auch Fürst Joseph Wenzel von Liechtenstein (1696-1772) sich
einer solchen Idee von Herrschaft verpflichtet? Belegt ist, daß er Batonis Ge-
mälde nicht nur erwarb, sondern auch seiner privaten Gemäldesammlung im
Herrengassenpalais in Wien eingliederte. War er vielleicht sogar ihr Auftrag-
geber?
44 Herkules und ein Kentaur
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Giovanni Francesco Susini
(dok. 1610-1653)
Herkules und ein Kentaur
(Florenz, 2. Viertel 17. Jahrhundert)
Nach Giambologna (1529-1608)
Bronze; Höhe: 36,1 cm
Inv. Nr. S 509
Erworben: vor 1658 vermutlich
durch Fürst Karl Eusebius
Mit einer Keule in der erhobenen Rechten holt Herkules zum töd-
lichen Schlag gegen einen unter ihm zu Boden gegangenen Kentauren aus.
Die linke Hand des Heros greift kraftvoll in das Haar des Besiegten und
zwingt dessen Kopf und Oberkörper weit nach hinten. Wie ein Bogen span-
nen sich Bauch und Brust des zwitterhaft aus dem Leib eines Pferdes und
eines Menschen zusammengefügten Wesens.
Kentauren waren, sieht man von wenigen Ausnahmen wie etwa Chi-
ron ab, wilde und unbeherrschte Geschöpfe, die in den Bergen Thessaliens
lebten und sich von rohem Fleisch ernährten. Als sie ihre Nachbarn, das kul-
tivierte Volk der Lapithen, überfielen und nicht nur deren Frauen, sondern
auch die Braut des gerade Hochzeit feiernden Königs Peirithoos zu entfüh-
ren versuchten, kam es zur blutigen Schlacht, bei der viele Kentauren den
Tod fanden. Sie wurden aus Thessalien vertrieben und mußten sich in Arka-
dien und Lakonien eine neue Heimat suchen. Dort begegnete ihnen Her:
kules, als er den erymanthischen Eber fing — seine vierte von insgesamt zwölf
Arbeiten im Auftrag des mykenischen Königs Eurystheus. Von dem durch-
aus gastfreundlichen Kentauren Pholos mit gebratenem Fleisch bewirtet, sah
Herkules einen verschlossenen Krug Wein, aus dem er zu trinken wünschte.
Pholos erklärte ihm, daß Bacchus (griech. Dionysos), der Gott des Weines,
diesen Krug dem ganzen Stamm der Kentauren zum Geschenk gemacht
habe und daher nicht für ihn bestimmt sei.! Gleichwohl bestand Herkules
auf dem Genuß des Getränkes, dessen süßer Duft, kaum war das Gefäß ge-
5ffnet, sofort die übrigen Kentauren herbeilockte, die sich voller Zorn mit
Felsen, Baumstämmen und Fleischeräxten bewaffneten. Während Pholos
sich ängstlich versteckte, trat Herkules den Angreifern mutig entgegen und
bekämpfte sie siegreich.
Als Giambologna seine von Gianfrancesco Susini in Bronze gegossene
Figurengruppe des Herkules mit dem Kentauren entwarf, muß er nicht not-
wendigerweise an ein konkretes mythologisches Ereignis gedacht haben.
Grundsätzlich galt Herkules als Feind der Kentauren, wie überhaupt als
Feind alles Ungeheuren, Rohen und Bösen — wenngleich doch auch er
selbst nicht frei von ungezügelten Leidenschaften war. Somit ist das Bild,
welches die Kleinbronze vor unserem Auge erstehen läßt, schlechthin das-