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Die Fürsten von Liechtenstein als Sammler
erlesener Kunstschätze
Von Dr. Gustav Wilhelm, Vaduz
Die Sammlung der Fürsten von
Liechtenstein im Laufe ihrer
350jährigen Geschichte be-
wegt sich lebhaft auf dem
Spannungsfeld der Samm-
lungsideale. Es ist die Ver-
schiedenheit der fürstlichen
Persönlichkeiten, die den
jeweiligen Sammeleifer steu-
ern, bald mit repräsentativen,
bald mit connaisseurhaften,
bald mit eigen willig akzentu-
jerten, bald mit systematisch
wissenschaftlichen Ambitio-
nen. Wann immer die Ver-
pflichtung auf die Tradition
des Hauses Liechtenstein
wirksam war, dann als Ver-
pflichtung auf künstlerische
Qualität. Am Anfang des
engagierten Kunstsammelns
im Hause Liechtenstein steht
ein einzigartiges Dokument
der Motivation und Zielset-
zung: ein paar Passagen in
dem “Werk von der Architek:
tur” des Fürsten Karl Euse-
bius (1611-1684). In dieser
eigenhändigen Schrift sind die
Grundsätze und Methoden
des Sammelns festgehalten,
zuhanden des Sohnes Johann
Adam und der Nachkommen.
Die Kunstschätze des Fürsten-
hauses, nicht Macht und Geld
(“Geld kann jeder haben,
Gemälde aber nicht”), be-
gründen den Ruhm und das
“ewige Gedächtnis”, “mehr
als geschriebene Historie”. Sie
sind es, die” unser aller leben-
dige Historie repräsentieren",
Deshalb ist denn auch Konti-
nuität über Generationen
erforderlich, bis zum Fürsten
von heute und dessen Nach-
kommen.
Die Fürstliche Familie auf dem Balkon des Regierungsgebäudes
am Staatsfeiertag (15. August)
ie erste markante und sehr
( engagierte Sammlerper
sönlichkeit im Hause Liech-
dh tenstein war sicher Fürst
FF Karl Eusebius (1617-
1684). Allerdings besass schon sein
Yater Fürst Karl (1569-1627) in sei-
nem Stadtpalais in Prag und wahr
scheinlich auch in Wien eine be
merkenswerte Anzahl von Kunstge
genständen.
Er war nicht nur einer der bedet
endsten Politiker am Kaiserhof,
sondern auch der Begründer de:
grossen liechtensteinischen Vermö
gens.
Sein Sohn Karl Eusebius, der sich
von politischen Amtern weitgeheno
fern hielt, verfasste umfangreiche
Schriften, darunter ein Lehrbuch über
die Architektur und hinterliess ganz
genaue Anweisungen‘ an seine
Erben über das Sammeln von
Gemälden und anderen Kunstge-
genständen, über deren richtige
Verwahrung und Aufstellung. In
seinen hochgelehrten Manuskripten,
besonders in der ”Fürstenerziehung‘
und im “Werk von der Architektur”
hater den Grundstein gelegt für den
weiteren Ausbau und für die einma-
lige Bedeutung der liechtensteini-
schen Kunstsammlungen. Und tat-
sächlich sind seine Ausführungen
“ür seine Nachkommen wegweisend
geblieben bis auf den heutigen Tag.
Glanz "der Liechtenstein-Ga-
lerie
In noch viel grösserem Ausmass
war sein Sohn, Fürst Johann Adam
{1657-1712} mit einer unglaubli-
chen Begeisterung und Emsigkeit
am Kunstmarkt seiner Zeit präsent.
Sein Interesse galt gleichmässig den
Grossen: der niederländischen
Maler: Rubens, Van Dyck und de-
ren Kreis und den italienischen
Barockmalern. Mit letzteren stand
er jahrelang in Korrespondenz. Er,
der die grossen Liechtensteinpalä-
ste in Wien bauen liess, wollte diese
auch in den Innenräumen von den
Meistern des italienischen Barock
geschmückt sehen. Seine Agenten
in Antwerpen berichteten laufend
über Ankaufsmöglichkeiten und er